Düsseldorf. . Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen fordern Arbeitgeberverbände und Opposition eine stärkere Wirtschafts-Behörde.

Garrelt Duin ist im Wahlkampf-Modus. Wenn der NRW-Wirtschaftsminister auf die gegenwärtige ökonomische Lage des Landes angesprochen wird, muss man fast eine Überhitzung der Märkte fürchten. „Nordrhein-Westfalen ist auf Wachstumskurs“, schwärmt Duin dann und rattert die schönste Erfolgsbilanz herunter. 1,8 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr. Mehr als neun Millionen Erwerbstätige. Niedrigste Arbeitslosigkeit seit 23 Jahren. Meiste ausländische Direktinvestitionen. Spitzenreiter beim Breitband-Ausbau. Und so weiter.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD).
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). © dpa

Natürlich weiß der SPD-Politiker, dass das NRW-Wachstum weiter unterdurchschnittlich ist, die Investitionsquote schlecht, der Breitband-Ausbau in den Gewerbegebieten des ländlichen Raums katastrophal und die Zahl der Industriearbeitsplätze beängstigend rückläufig. Für seine Fähigkeit, die Dinge intern beim Namen zu nennen, hat sich Duin bei den Arbeitgeber-Verbänden in den vergangenen Jahren einigen Respekt erworben. Unternehmer-Präsident Arndt Kirchhoff oder IHK-Präsident Ralf Kersting loben den Minister und geben häufig hadernd zu verstehen: Was wäre landespolitisch erst möglich, wenn Duin mal könnte, wie er wollte.

Aufwertung des Duin-Ministerium

Der Wirtschaftsminister wirkt seit Jahren wie ein Gefangener des rot-grünen Koalitionsvertrages und des für ökonomische Belange ungünstigen Ressortzuschnitts. Als Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) den früheren niedersächsischen SPD-Vorsitzenden und Chef des konservativen Seeheimer Kreises 2012 nach NRW holte, waren der grün durchwirkte Koalitionsvertrag schon geschrieben und wichtige Kompetenzen in anderen Ministerien angesiedelt. „Ich war selbst bei den Koalitionsverhandlungen 2012 nicht dabei. Und es gibt nichts, was ich mehr bedauere“, klagte Duin im vergangenen Jahr öffentlich. Er ließ „industriepolitische Leitlinien“ erarbeiten, die zwar Wohlwollen in der Wirtschaft fanden, aber konkret ziemlich wirkungslos blieben.

Unternehmer-Präsident Kirchhoff nimmt die nahende Landtagswahl zum Anlass, eine Aufwertung des Duin-Ministeriums zu fordern: „Das Wirtschaftsministerium muss wieder ein Querschnittsressort werden und Priorität haben. Sozial- und umweltpolitische Ziele werden nur erreicht, wenn vorher Unternehmen und Mitarbeiter erfolgreich sein können.“ Die Verbände stört gehörig, dass Duin kaum Zuständigkeiten für Erneuerbare Energien, Forschung und Entwicklung, Landesplanung oder Verbraucherschutz besitzt. Umstrittene rot-grüne Gesetze der vergangenen Jahre zum Klima- und Naturschutz, zur Flächenbeschränkungen im Landesentwicklungsplan oder zur „Hygiene-Ampel“ für die Gastronomie wären mit einem mächtigen Wirtschaftsministerium wohl kaum zu machen gewesen. Zwar wurde als Kontrollinstanz gegen zu hohe Bürokratielasten eine „Clearingstelle Mittelstand“ geschaffen, in der auch Wirtschaftsvertreter sitzen. Dennoch gibt es eine tiefe Sehnsucht nach einem grundsätzlichen „Vorrang für Arbeit“ in NRW.

Mehr Kompetenzen in Bayern und Baden-Württemberg

In Bayern und Baden-Württemberg sind die Wirtschaftsministerien schließlich mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet. CDU-Wirtschaftsexperte Hendrik Wüst fordert auch in Düsseldorf die Bündelung von Zuständigkeiten etwa in der Digitalisierung, Landesplanung, Flächenpolitik oder im Bereich Forschung und Entwicklung: „Nur so ist wieder eine Standortpolitik aus einem Guss möglich.“