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n Frankreich ist eine für ganz Europa wichtige Vorentscheidung im Ringen um den Élysée-Palast gefallen. Der unabhängige Proeuropäer Emmanuel Macron hat trotz seiner Jugend den Sprung in das Stichwahlduell am 7. Mai geschafft. Dass er in zwei Wochen den Sack zumachen und seine Konkurrentin Marine Le Pen schlagen kann, ist weniger eine optimistische Hypothese denn eine Beinahe-Gewissheit.

Rechtsextreme Populistin kontra sendungsbewussten Sonnyboy – diesem Match wohnt weniger Spannung inne, als es die Ergebnisse der ersten Wahlrunde suggerieren. Zwar trennten die beiden Kontrahenten laut Hochrechnungen lediglich zwei Prozentpunkte. Doch Macron hat ungleich bessere Chancen als Le Pen, in 14 Tagen jene Wähler auf seine Seite zu ziehen, die für einen der nun aussortierten neun übrigen Kandidaten gestimmt haben. Das hat natürlich viel damit zu tun, dass die Rechtsextremistin ein rotes Tuch ist für jene Linkswähler, die nun zum zweiten Mal in der Geschichte der Fünften Französischen Republik keinen ihrer Repräsentanten in der Stichwahl wiederfinden. Es liegt aber auch daran, dass Macron die von vielen herbeigesehnte Erneuerung an der Staatsspitze verspricht.

Allerdings geht es in der Endrunde auch um das Selbstverständnis der Franzosen. Darum, ob sie sich lieber verängstigt in einem gallischen Wehrdorf verschanzen wollen, in welches Le Pen das ganze Land verwandeln möchte. Oder ob sie sich an jenem Selbstbewusstsein orientieren, das Macron die Globalisierung als eine zu meisternde Herausforderung, ja als eine Chance ansehen lässt. Es stimmt, dass nicht wenige unserer durch neun lange Krisenjahre zermürbten Nachbarn mit der Versuchung des nationalen Rückzugs liebäugeln. Aber die Mehrheit bleibt anders, nämlich europafreundlich und weltoffen. Zudem sind die Franzosen unverzagter, als viele glauben mögen.