Essen/Berlin. . Kinderrechte werden hierzulande nach wie vor unzureichend berücksichtigt, kritisiert Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks.
- Hilfswerk sieht große Probleme bei der Bekämpfung von Kinderarmut
- Kinderrechts-Verbände fordern Änderung des Grundgesetzes
- Führende Politiker brachten bereits Bundesratsinitiative zur Änderung ein
Nach Ansicht von Kinderhilfsorganisationen werden die Interessen und Belange des Kindes auch 25 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland nicht ausreichend berücksichtigt. „Die Kinderrechte fristen in Deutschland trotz einiger Fortschritte immer noch ein Schattendasein“, kritisierte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks.
In der deutschen Gesellschaft würden Kinderinteressen anhaltend ausgeblendet und verdrängt, so Krüger. Deutschland müsse seinen kinderrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, etwa bei der Bekämpfung von Kinderarmut oder der Beteiligung junger Menschen an Entscheidungen. Jürgen Heraeus vom Kinderhilfswerk Unicef sagte, es fehle ein Gesamtkonzept, um Kinderrechten in einer immer stärker von älteren Menschen geprägten Gesellschaft Nachdruck zu verleihen.
Änderung des Grundgesetzes wird in Betracht gezogen
Hilfswerk, Terre des Hommes und der Kinderschutzbund fordern, dass die Rechte des Kindes über das bestehende Bundeskinderschutzgesetz hinaus den verbindlichen Charakter eines Grundrechts bekommen. Dazu müsse das Grundgesetz geändert werden. Eva Lingen, NRW-Chefin beim Kinderschutzbund, sagte: „Gerade in Zeiten steigender Kinderarmut ist es notwendig, das Wohl des Kindes als verfassungsrechtliche Norm festzuschreiben.“
Unterstützung erhalten die Verbände von der SPD: Bundesjustizminister Heiko Maas sagte gestern anlässlich von 25 Jahren UN-Kinderrechtskonvention, eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz sei ein Signal, „dass alle die Lebenswirklichkeit von Kindern weiter verbessern wollen“. Ähnlich äußerte sich Familienministerin Manuela Schwesig. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte zuvor mit Unterstützung ihrer grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann eine Bundesratsinitiative zur Grundgesetzänderung eingebracht.
Behördliche Entscheidungen müssten mit Blick aufs Kindeswohl überprüft werden
Das Grundgesetz kann nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag geändert werden. Kommt es dazu, hätte dies so weitreichende Folgen wie das 1994 verankerte Grundrecht auf Gleichberechtigung von Mann und Frau. Laut Kinderschutzbund müssten alle Gesetze und behördlichen Entscheidungen mit Blick aufs Kindeswohl überprüft werden. Das gelte etwa fürs Bau-, Verkehrs- oder Sozialrecht. Neben der Diskussion um Kinderrechte rückt die Familienpolitik in den Fokus des laufenden Bundestagswahlkampfs.