Düsseldorf. . Kein Meinungsforschungsinstitut hat den Triumph der CDU im Saarland vorhergesagt. Die Wahlen zeigen die Krise der Demoskopen auf.

Der Ausgang der Landtagswahl im Saarland deckt eine zunehmende Hilflosigkeit der Meinungsforscher auf. Keinem Institut ist es gelungen, den Triumph der CDU an der Saar vorherzusagen. Experten bezweifeln auch, dass es möglich ist, die Stimmung vor der NRW-Landtagswahl verlässlich zu messen. Die Umfragen in NRW gehen derzeit weit auseinander. Ein Institut bezifferte im März den Abstand zwischen SPD und CDU auf sieben Prozent, ein anderes hingegen auf 14 Prozent.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hält Umfragen nur für „Wasserstandsmeldungen“. „Das sind keine Wahlergebnisse“, erklärte sie auch nach der Saar-Wahl. Ihr Herausforderer Armin Laschet (CDU) schöpft Hoffnung aus der Krise der Meinungsforscher. Immer mehr Wähler würden sich erst im letzten Moment entscheiden. Also lohne der Wahlkampf „bis zur letzten Minute“.

In der Wahlkabine verhält man sich anders

Die Saar-Wahl offenbarte jedenfalls die Schwächen der Demoskopen. Noch vor zehn Tagen sah In­fratest dimap SPD und CDU dort gleichauf. Forsa lag Anfang März genauso daneben. Und die Forschungsgruppe Wahlen beschrieb noch am Donnerstag einen Fünf-Prozent-Abstand zwischen Union und SPD. Tatsächlich sind es rund elf Prozent.

„Das Verhalten in der Wahlkabine ist oft anders als bei Umfragen“, sagte der Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann unserer Redaktion. Die Bürger nähmen das Wählen ernster als eine unverbindliche Meinungsabfrage am Telefon. Die Fehlerquote liege von vornherein bei drei Prozent.

Viele Bürger verweigern Auskunft bei Umfragen

Zu dieser traditionellen Schwäche der Umfragen kämen weitere: So verweigerten immer mehr Menschen die Auskunft, weil sie Umfragen als lästig empfänden. Manche Anhänger extremer Parteien verheimlichten ihre Sympathien. Überhaupt scheinen die Bindungen an Parteien nicht mehr so fest zu sein.

Außerdem ist die Systematik mancher Umfragen von gestern. Manche Institute setzen noch auf Festnetz-Anrufe und alte Telefonlisten. Die (in der Tendenz jüngeren) Handy-Nutzer bleiben oft außen vor. Außerdem erlauben Handynummern keinen Rückschluss auf den Wohnort. Eine gezielte Umfrage unter Handy-Nutzern in NRW wäre kaum möglich.

Auf die Unzuverlässigkeit ist fast schon Verlass

Von einer „Krise“ der Meinungsforscher will Michael Kunert, Chef von Infratest dimap, aber nicht sprechen: „Die Abweichungen zwischen den Umfragen zehn Tage vor der Wahl und dem Wahlergebnis sind in den letzten Jahren nicht größer geworden.“

Allerdings ist auf die Unzuverlässigkeit der Umfragen inzwischen fast schon Verlass. So trotzte 2016 Malu Dreyer (SPD) den Vorhersagen und gewann die Wahl in Rheinland-Pfalz. Auch international blamierten sich die Demoskopen. Den „Brexit“ sagten sie ebenso wenig voraus wie Donald Trumps Wahlsieg.