Washington. „Aufheben – und ersetzen.“ Das umstrittene Gesetz zur Krankenversicherung seines Vorgängers Barack Obama umgehend abschaffen und ein neues, besseres verabschieden. Das war der maßgebliche programmatische Zweiklang, mit dem Donald Trump in Amerika vom Kandidaten zum Präsidenten wurde. Republikanische Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses, so tönte der Immobilien-Unternehmer, würden die Angelegenheit zum Kinderspiel machen. Durchregieren! Falsch.

„Aufheben – und ersetzen.“ Das umstrittene Gesetz zur Krankenversicherung seines Vorgängers Barack Obama umgehend abschaffen und ein neues, besseres verabschieden. Das war der maßgebliche programmatische Zweiklang, mit dem Donald Trump in Amerika vom Kandidaten zum Präsidenten wurde. Republikanische Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses, so tönte der Immobilien-Unternehmer, würden die Angelegenheit zum Kinderspiel machen. Durchregieren! Falsch.

Neun Wochen nach Amtsantritt steht das erste große Gesetzesvorhaben, von dem Millionen Amerikaner betroffen sind, im Zentrum einer Kraftprobe zwischen Weißem Haus und widerstreitenden Flügeln in der republikanischen Partei. Der Ausgang der Fehde wird – so oder so – die Präsidentschaft prägen. Trumps Image als gewiefter Verhandler („Ich bin der beste Problemlöser“) in heiklen Situationen steht auf dem Prüfstand.

Bevor es nach deutscher Zeit in der Nacht zu Sonnabend zur vorentscheidenden Abstimmung im Repräsentantenhaus kommen sollte, setzte der zuletzt sichtlich gereizte Präsident der eigenen Partei die Pistole auf die Brust.

Er drohte Abgeordneten, die ihm die Gefolgschaft verweigern, mit Misshelligkeiten im nächsten Wahlkampf. Er erzwang ultimativ einen Urnengang, obwohl bis zuletzt rund 40 Parlamentarier aus den eigenen Reihen massive Vorbehalte gegen die Reform geltend machten und mit „Nein“ drohten. Die Demokraten sind eh geschlossen auf der Gegengeraden. Und er kündigte an, im Falle einer Abstimmungsniederlage das ohne Korrekturen finanziell dem Kollaps geweihte System seines Vorgängers („Obamacare“) links liegen zu lassen und sich anderen Themen zu widmen. „Das ist nicht nur Den-Arm-auf-den-Rücken drehen, das ist Erpressung“, beschwerten sich hinter vorgehaltener Hand Abgeordnete, denen das Gesetz entweder zu lax ist. Oder viel zu restriktiv.

Die Konservativen laufen Sturm gegen „Obamacare“

Genau in diesem Richtungsstreit innerhalb der republikanischen Partei liegt das Problem. Seit sieben Jahren, seit Obama die flächendeckende Versicherungspflicht mit staatlichen Zuschüssen und Strafsteuern eingeführt und so 20 Millionen Amerikanern zum ersten Mal einen wirksamen Schutz ermöglicht hat, laufen die Konservativen Sturm und rufen nach Abschaffung des nach europäischem Sozialstaat riechenden Verfahrens. Ein konsensfähiges Gegenkonzept haben sie bis heute nicht vorgelegt. Trump selber begnügte sich mit vagen Versprechungen: „Sinkende Prämien, mehr Wahlfreiheit. Leute, es wird wunderbar.“

Moderate Abgeordnete in sozial schwachen Wahlbezirken wissen dagegen die staatlich gelenkten Vorteile von „Obamacare“ zu schätzen. Arme Bundesstaaten, in denen Trump bei der Wahl im November überdurchschnittlich gut abgeschnitten hat, laufen Sturm. Die Positionen zu versöhnen, ist dem Präsidenten nicht gelungen. Im Gegenteil. In der Bevölkerung wächst das Unbehagen gegen sein Modell, das bereits „Trumpcare“ genannt wird. Seit durch den unabhängigen Rechnungshof des Kongresses bekannt wurde, dass mit der Abschaffung von „Obamacare“ binnen zehn Jahren 24 Millionen Amerikaner ohne Schutz wären, sind in Umfragen nur noch 17 Prozent für Trumps Reform.

Warum Trump die Abstimmung im Repräsentantenhaus mit der Brechstange erzwingen wollte, ist Beobachtern ein Rätsel. „Trumpcare“ müsste ohnehin in den 100-köpfigen Senat. 60 Stimmen sind hier das Maß aller Dinge. Die Republikaner haben 52 Sitze.