Paris. Es ist die verrückteste Präsidentschaftskampagne, die die V. Französische Republik je erlebt hat. Beinahe jede Woche bringt eine neue Überraschung, die alle Vorhersagen über den Haufen wirft und die Wähler in die Orientierungslosigkeit stürzt. Wie Patrick, der ein Reisebüro in Paris führt. Der 42-Jährige sitzt in seinem Stammcafé und studiert eine Tageszeitung. „Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich von dem ganzen Theater halten soll“, seufzt er kopfschüttelnd.

Es ist die verrückteste Präsidentschaftskampagne, die die V. Französische Republik je erlebt hat. Beinahe jede Woche bringt eine neue Überraschung, die alle Vorhersagen über den Haufen wirft und die Wähler in die Orientierungslosigkeit stürzt. Wie Patrick, der ein Reisebüro in Paris führt. Der 42-Jährige sitzt in seinem Stammcafé und studiert eine Tageszeitung. „Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich von dem ganzen Theater halten soll“, seufzt er kopfschüttelnd.

Patrick steht der konservativen Republikaner-Partei nahe. Bei deren Vorwahlen hatte er für Alain Juppé gestimmt, den Meinungsforscher schon seit Anfang 2016 als zukünftigen Präsidenten feierten. Als dann François Fillon diese Vorwahlen ebenso überraschend wie haushoch gewann, ging das für Patrick „noch in Ordnung“. Doch gegen Fillon ermittelt inzwischen die Justiz, weil er seiner Frau und seinen Kindern durch Scheinarbeitsverhältnisse beinahe eine Million Euro zugeschanzt haben könnte.

Fillon hat erneut seine Unschuld beteuert. „Ich bin überzeugt, dass die Justiz diese Unschuld feststellen wird, auch wenn das Zeit braucht“, sagte er am Mittwoch dem Sender Radio Classique. Der Konservative beteuerte, dass seine Frau jahrelang mit ihm gearbeitet habe, „wie es der Fall“ bei „Hunderten Abgeordneten ist, in der Vergangenheit“ und „aktuell“. Frankreich wählt den neuen Staatschef in zwei Wahlgängen am 23. April und 7. Mai.

Der böse Verdacht beschert dem Kandidaten einen dramatischen Absturz in der Wählergunst. Auch in Patricks Augen hat sich Fillon „disqualifiziert“. Aber der rechtsex­tremen Kandidatin Marine Le Pen will er sich trotzdem nicht zuwenden: „Die hat dreimal mehr Dreck am Stecken.“ Tatsächlich ist auch die Front-National-Chefin in erhebliche Scherereien mit der Justiz verstrickt, die sie nicht nur wegen der Scheinbeschäftigung ihrer Euro­paparlaments-Assistenten, sondern auch wegen Steuerhinterziehung, illegaler Wahlkampf- und Parteienfinanzierung verfolgt. Befürchtungen, dass Le Pen von Fillons Affären profitieren könnte, haben sich bisher nicht bestätigt. Im Gegensatz zu Fillon gilt ihr Einzug in die Stichwahl aber nach wie vor als sicher.

Verwirrung herrscht auch bei den Linkswählern. Nicole, eine 33-jährige Büroangestellte, die im gleichen Pariser Viertel wie Patrick arbeitet, will ihren Wahlzettel ungültig machen. Sie fühlte sich bereits düpiert, als Staatspräsident François Hollande seinen Verzicht für eine zweite Amtszeit erklärte. Als danach der Außenseiter Benoît Hamon die sozialistischen Vorwahlen gewann, war sie der Fassungslosigkeit nahe. Von dem Linksaußen, der einen heftig umstrittenen, weil als zu radikal angesehenen Kurs vertritt, fühlt sich Nicole „ebenso wenig repräsentiert“ wie von dem nicht minder linksradikalen und von den Kommunisten unterstützten Kandidaten Jean-Luc Mélenchon.

Macron galt vor Kurzem noch als unbekanntes Polit-Objekt

Zugutekommt dies nun einem Mann, der sich als weder rechts noch links bezeichnet. Der parteilose Kandidat Emmanuel Macron ist der Einzige, dessen Umfragekurve in den vergangenen turbulenten Wochen nach oben weist. In jüngsten Erhebungen lag der 39 Jahre junge, linksliberale und europafreundliche Kandidat jetzt sogar erstmals knapp vor Le Pen.

Da Macron, kürzlich noch als UPO – als unbekanntes Polit-Objekt – verspottet, seinen Vorsprung auf Fillon ausbauen konnte, gehen immer mehr Experten von einer Stichwahl zwischen ihm und Marine Le Pen aus. Ein Duell, welches der von seinen Anhängern als „Obama Frankreichs“ umjubelte Quereinsteiger laut den Umfragen klar für sich entscheiden dürfte.