Düsseldorf. Wendt soll die DPolG in eine Existenzkrise gestürzt haben. Andere Gewerkschaften werfen der DPolG vor, aggressiv deren Mitglieder abzuwerben.

Erich Rettinghaus, NRW-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), rechnet in einem internen Brief schonungslos mit seinem umstrittenen Gewerkschaftsvorsitzenden Rainer Wendt ab. Rettinghaus wirft Wendt vor, die DPolG mit der Affäre um Wendts Mehrfachbezahlung in eine Existenzkrise gestürzt zu haben und fordert einen Neuanfang auf Bundesebene. Das „System Wendt“ sei nicht mehr zu halten.Viele Gewerkschafter würden frustriert ihre Mitgliedschaft kündigen

Das ist „ein Makel, der ewig haften wird“, sagte Rettinghaus zur Diskussion über Wendts Einkünfte. Der DPolG-Bundesvorsitzende hatte in NRW ein Gehalt als Hauptkommissar bezogen, ohne als Polizist gearbeitet zu haben. Darüber hinaus kassierte er hohe Nebeneinkünfte aus einer Aufsichtsratstätigkeit. „Wir werden ab jetzt nur noch auf die Lügen und die Einkünfte reduziert“, schreibt Rettinghaus in dem Brief, der an die Landesverbände der Gewerkschaft gerichtet ist.

Andere Gewerkschaften bezweifeln diese finanzielle Notlage der DPolG

Rettinghaus selbst und sein Stellvertreter Wolfgang Orscheschek hatten kurz nach dem Bekanntwerden der Affäre ihren Rücktritt aus dem Bundesvorstand erklärt. Rettinghaus ist ebenso in die Kritik geraten, weil er teilweise für die Gewerkschaft vom Dienst freigestellt war, aber weiter einen Beamtensold bezogen hatte.

In dem Brief klagt der NRW-DPolG-Chef darüber, dass er nun wieder länger in seiner Stammbehörde arbeiten müsse. Sein Privileg der bezahlten Freistellung ist weg. Damit sei auch das bisherige „Geschäftsmodell“ der Gewerkschaft zunichte. Die DPolG könne sich ein anderes Modell aber nicht leisten. Andere Gewerkschaften bezweifeln diese finanzielle Notlage.

Aggressive Kampagne zum Abwerben anderer Gewerkschafter?

Es heißt, die DPolG fahre eine aggressive Kampagne zum Abwerben anderer Gewerkschafter. Mindestens 80 000 Euro sollen dafür jedes Jahr bereitgestellt werden. Wer zur DPolG wechselt, soll 150 Euro „Prämie“ und Angebote des Versicherers DBV erhalten. Rettinghaus deutet in dem internen Schreiben an, dass die Mitgliederwerbung tatsächlich teuer ist: „Wir haben unsere Werbeaktion kombiniert mit einem Vorsorgecheck bei der DBV. Das kommt derzeit nicht besonders gut an! … Daher umso schlimmer, dass es heimliche (oder auch nicht) Zahlungen von 6-stelligen Summen gab.“

Rettinghaus erzählt auch davon, dass der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) kurz nach Bekanntwerden der Affäre Wendt „Argumentationshilfe“ geleistet habe. Zunächst gegenüber dem NRW-Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste, später Rettinghaus gegenüber. Lewentz hatte die bezahlte Freistellung eines DPolG-Chefs schon 2015 verteidigt, weil so die Vielfalt der Polizeigewerkschafen ermöglicht werde.

Für Wendt hat Rettinghaus kein freundliches Wort übrig. Der in den Medien sehr präsente Vorsitzende sei seinen Gewerkschaftskollegen in NRW immer wieder „unabgestimmt und ungefragt in die Parade gefahren.“