Essen. . Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege starten eine Kampagne für einheitliche Standards und mehr Geld für Nachmittagsbetreuung an Grundschulen.

Rund zwei Monate vor der Landtagswahl im Mai begehren die sechs Träger der Freien Wohlfahrtspflege gegen die Landespolitik auf: Mit einer NRW-weiten Großkampagne fordern sie ein neues Landesgesetz, in dem in den Städten verpflichtende und landesweit einheitliche Standards für die offene Ganztagsbetreuung an Grundschulen festgeschrieben werden soll.

Die offenen Ganztagsschulen (OGS) seien zudem unterfinanziert, sagte der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege in NRW, Andreas Johnson, zum Kampagnen-Start am Mittwoch in Essen: „Es darf nicht sein, dass eine gute offene Ganztagsbetreuung Glückssache ist.“

Vor 14 Jahren hat die damalige Landesregierung unter Peer Steinbrück (SPD) Nachmittagsbetreuungen an den Grundschulen per Erlass eingeführt. Heute wird knapp die Hälfte der Grundschüler, rund 305 000 Kinder, nachmittags von Erziehern und Hilfen betreut. 93 Prozent der Grundschulen haben ein solches Angebot, in 80 Prozent der Fälle setzen dies die sechs Träger der Freien Wohlfahrtspflege von Arbeiterwohlfahrt bis Diakonie um.

„Rahmenbedingungen sind mancherorts prekär“

Und dabei zahlen sie zumeist drauf: Die Kosten pro OGS-Kind und Jahr belaufen sich nach Angaben der Wohlfahrtsverbände auf rund 3000 Euro. Allerdings zahle das Land bisher nur knapp 1000 Euro, die Städte müssen mindestens 435 Euro dazu geben, Elternbeiträge variieren. Unterm Strich bleiben die Wohlfahrtsverbände oft auf 1500 Euro pro Kind sitzen, auch weil gerade ärmere Städte ihren Ganztag nicht mit zusätzlichen Mitteln besser ausstatten können. „In manchen Kommunen sind die Rahmenbedingungen geradezu prekär“, sagte eine Frau aus der Praxis, die mit 320 Kollegen zum Kampagnen-Auftakt nach Essen gekommen war.

Eine Folge: Die Nachmittagsbetreuung ist von Stadt zu Stadt verschieden. Mancherorts teilten sich 160 Kinder drei leergeräumte Klassenzimmer zum Spielen, andernorts sind Neubauten bereitgestellt. Die eine Stadt zahlt den Bus für den Ausflug, die andere nicht. Es fehle an Geld, Material und oft Personal, klagen die Betroffenen. Denn anders als bei Kitas gebe es keinen einheitlichen Betreuungsschlüssel. OGS-Stellen seien zudem meist Halbtagsbeschäftigungen, viele Beschäftigte hätten Zweitjobs und arbeiteten über dem Soll. Die Antwort müsse sein, sagte Helga Siemens-Weibring von der Diakonie in NRW: „Qualität sichern und Standards aufbauen.“ Bis 12. Juli dauert die Kampagne an.

Der Düsseldorfer Wissenschaftler Ulrich Deinet appellierte an die Akteure, auch die Kinder zu beteiligen. „Partizipation findet in den OGS zu selten statt, obwohl dies für die Kinder eine hohe Bedeutung hat.“