Schwerte. . Beim Politischen Aschermittwoch der NRW-SPD in Schwerte löst Kanzlerkandidat Martin Schulz in seiner Partei Aufbruchstimmung aus.
Am Aschermittwoch ist angeblich alles vorbei. Die SPD aber, so scheint es, will gar nicht mehr aufhören närrisch zu sein. Am Mittwoch feierte die NRW-SPD im Schwerter „Freischütz“ sich selbst und ihren Kanzlerkandidaten Martin Schulz.
Der politische Aschermittwoch in Schwerte ist eigentlich eine Routine-Veranstaltung. Sechs Euro kostet der Eintritt, dafür gibt’s bodenständige Kost und Musik, Schnittchen stehen auf den Tischen, Bier und Kaffee, und vorne spielen die „Pilspicker“. Aber dieses 25. Treffen ist ein spezielles. „Wir hätten diesmal nicht 700, sondern viermal so viele Eintrittkarten verkaufen können, wir hätten sogar die kleine Westfalenhalle gefüllt“, schwärmt Dirk Presch, der Geschäftsführer SPD-Region Westliches Westfalen.
Viele sehen in Schulz eine Art Heilsbringer
Denn Martin Schulz lockt in diesem Wochen viel Publikum an. Für ihn stehen sie auf im historischen Festsaal und klatschen rhythmisch. Als er mit Hannelore Kraft zur Bühne schreitet, erklingt „When the saints go marching in“. Martin Schulz als Heilsbringer? Hier halten sie ihn offenbar dafür.
Und Schulz liefert, was er bei einem solchen rustikalen Event wohl liefern muss: Wenig Konkretes, dafür jede Menge Gefühliges. „Ich bin der Sohn einfacher Leute. Ich war mal ganz am Ende“, sagt er. Dann streichelt der Kandidat routiniert die sozialdemokratische Seele, fordert Respekt für die „kleinen Leute“, für Busfahrer, Krankenschwestern, Kellner, Polizisten. Man habe mal mit Milliarden Euro Banken gerettet. Nun müsse man mit Milliarden Euro Familien entlasten. Das ist nicht neu, das hat Schulz in letzter Zeit bei jeder Gelegenheit gesagt. Aber in Schwerte wird es dennoch gern gehört.
Attacke auf das Kanzleramt
Rund 100 Jahre alt ist der „Freischütz“, ein Gebäude, das wie ein Waldschlösschen aussieht und an dessen Stelle einst ein Forsthaus stand. Hier, wo einst Förster Wilderern nachstellten, bläst der Kanzlerkandidat zur Attacke aufs Kanzleramt: „Wir treten an, um die stärkste Partei in Deutschland zu werden. Ich trete an, um Bundeskanzler zu werden.“
Wie ein politisches Doppel ziehen Schulz und Kraft über die Union her. „Die Raute reicht nicht mehr“, spottet die NRW-Ministerpräsidentin über Kanzlerin Merkel. Und Schulz arbeitet sich an CSU-Chef Horst Seehofer ab, der Ende Januar ausgerechnet die Tatkraft von Donald Trump herausgestellt hatte. „Wer Mauern bauen will, wer Frauen und Minderheiten verunglimpft, den darf man nicht loben“, wettert Schulz. Den Vorwurf, er trete selbst so populistisch auf wie der US-Präsident, will der Mann aus Würselen nicht gelten lassen. „Ich werde in diesem Wahlkampf nicht den Trump machen.“
Aufstand gegen Nationalisten
Eine Extraportion Zorn bekommen an diesem Abend die AfD und andere europäische Rechtspopulisten ab. Kraft ruft zum Aufstand gegen „Rassisten und Nationalisten“ auf. „Gegen die, die Grenzen wieder hochziehen und das Projekt Europa zerstören wollen.“ Schulz sagt, die AfD sei „keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für die Bundesrepublik“. AfD-Politiker wie Frauke Petry, Alexander Gauland oder Björn Höcke wollten „die Völker wieder gegeneinander treiben“ und hetzten gegen Schwächere.
Hannelore Kraft teilt noch gegen Erdogan aus („Wir wollen keinen Wahlkampf des türkischen Präsidenten bei uns“) und stellt sich zum Schluss demonstrativ neben den SPD-Kanzlerkandidaten. „In diesem Jahr ist der Aschermittwoch kein Ende, sondern ein Startschuss“, sagt sie. Die SPD will diesmal nicht fasten.