Straßburg. . Martin Schulz geht – und bringt einiges ins Wanken. Seit sich der deutsche EU-Parlamentspräsident im November zum Wechsel in die Bundespolitik entschloss, sortiert sich das Brüsseler Machtgefüge neu. Allianzen sind zerbrochen, geheime Männerbünde aufgekündigt. Am Dienstag wird im Parlament in Straßburg ein Nachfolger gesucht, der die Scherben kitten kann – oder eine neue Linie findet.

Martin Schulz geht – und bringt einiges ins Wanken. Seit sich der deutsche EU-Parlamentspräsident im November zum Wechsel in die Bundespolitik entschloss, sortiert sich das Brüsseler Machtgefüge neu. Allianzen sind zerbrochen, geheime Männerbünde aufgekündigt. Am Dienstag wird im Parlament in Straßburg ein Nachfolger gesucht, der die Scherben kitten kann – oder eine neue Linie findet.

Sieben Bewerber haben sich gemeldet, dem SPD-Mann nachzufolgen, der das Haus mit 751 Abgeordneten fünf Jahre lang führte. Das Feld ist unübersichtlich, die meisten sind nur Zählkandidaten. Doch sind gerade die kleinen Fraktionen euphorisch. Erstmals in ihrer ganzen Zeit im Parlament gebe es eine demokratische Wahl ohne Absprachen, sagt Gabi Zimmer, die deutsche Chefin der Linksfraktion. Dazu muss man wissen, dass die großen Mitte-Parteien – die Christdemokraten und die Sozialdemokraten – sich im EU-Parlament traditionell gegenseitig Mehrheiten sichern.

Auf dem Papier die besten Chancen hat EVP-Kandidat Antonio Tajani aus Italien. Seine Fraktion ist mit 217 Mitgliedern die größte, und Tajani bringt als langjähriger EU-Kommissar und derzeitiger Parlaments-Vizepräsident Erfahrung mit. Allerdings ist er als Gefolgsmann des ehemaligen italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi auch umstritten. Selbst wenn die EVP geschlossen hinter ihrem Kandidaten steht, ist er von einer eigenen Mehrheit weit entfernt.

Unterstützer aus anderen Fraktionen

Das gilt auch für Tajanis italienischen Landsmann Pittella, der für die 189 Sozialdemokraten ins Rennen geht – und noch viel mehr für alle anderen Kandidaten, die jeweils nur ein paar Dutzend Abgeordnete hinter sich haben. Sie dürften nach den ersten Wahlgängen ausscheiden. Dann geht es für die Favoriten darum, wer Unterstützer aus anderen Fraktionen gewinnt – spätestens im vierten Wahlgang, wenn nur noch die beiden Bestplatzierten konkurrieren und eine einfache Mehrheit reicht. Spekuliert wird auch über Außenseiterchancen des Liberalen Guy Verhofstadt oder einen Überraschungskandidaten.