Essen. . Deutliche Aufschläge für Kontoführung sowie EC- und Kreditkarten - gleichzeitig wurden trotz Null-Leitzins die Dispozinssätze kaum gesenkt.

Die von der EZB praktisch abgeschafften Zinsen machen nicht nur den Sparern zu schaffen, sondern auch den Instituten, denen sie ihr Geld anvertrauen. Insbesondere jene, die sich noch ein einigermaßen dichtes Filialnetz leisten, tun sich mit jedem weiteren Jahr im Null-Leitzins-Modus schwerer im Privatkundengeschäft. Kostenlose Girokonten werden seltener, die Filialbanken lassen sich zuvor gebührenfrei erbrachte Dienstleistungen oft wieder extra bezahlen. Gleichzeitig haben sie ihre Dispozinsen beim Überziehen des Kontos kaum gesenkt.

Wie teuer ein Konto bei durchschnittlicher Nutzung des Dispo mit Konto- und Kartengebühren (Girocard und Kreditkarte) unterm Strich ist, hat der Düsseldorfer Finanzexperte Udo Keßler für die Rhein-Ruhr-Region exklusiv für diese Zeitung untersucht. Das Ergebnis spiegelt die Schwierigkeiten der Filialbanken wider: im zu Ende gehenden Jahr hat fast jede Filialbank die Preise für mindestens eines ihrer Girokonten erhöht – und zwar um bis zu 249 Prozent.

Da die Direktbanken, die ohne Filialen und deshalb mit deutlich weniger Personal auskommen, nicht teurer wurden, geht „die Preisschere bei den Girokonten immer weiter auseinander“, so Studienautor Keßler. Zwischen dem preiswertesten Direktbank-Konto (Skatbank) und dem teuersten Premiumkonto (HVB) einer Filialbank liegt bei durchschnittlicher Dispo-Nutzung ein Kostenunterschied von 258 Euro im Jahr.

Untersucht wurden 20 Institute, deren Kontogebühren der Experte zuletzt im Sommer 2015 gecheckt hatte, darunter je vier Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus der Rhein-Ruhr-Region. Zehn der 14 getesteten Filialbanken erhöhten seitdem mindestens eine Gebühr rund ums Girokonto. Bei vier Filialbanken fiel dieser Gebührenanstieg mit 30 bis 249 Prozent besonders massiv aus.

Die Geldhäuser sind recht kreativ bei der Gebührenerhöhung. Die Postbank hat die Gebühren für ihr „Giro plus“ mehr als verdreifacht, indem sie einfach den Passus strich, der es ab einem monatlichen Geldeingang von 1000 Euro gratis stellte. Statt bisher Null fallen nun 46,80 Euro im Jahr an. Weil zugleich die Gebühr für die Kreditkarte stieg, verlangt die Postbank unterm Strich 75,80 Euro statt zuvor 22 Euro – ein Aufschlag von 245 Prozent.

HVB hat gleich an drei Gebührenschrauben gedreht

Auch die Hypo Vereinsbank (HVB) mit Filialen u.a. in Essen und Düsseldorf verdreifachte ihre Gebühren. Sie schaffte das günstige „HVB Konto Online“ ab, das einschließlich der beiden Karten nur 20 Euro im Jahr kostete. Beim ebenfalls online zu führenden Nachfolge-Konto „HVB Aktiv“ stiegen die Kosten für die Kontoführung von Null auf 34,80 Euro, für die „HVB ec-Karte“ von Null auf fünf Euro und für die Standard-Kreditkarte von 20 auf 30 Euro – macht zusammen 69,80 Euro im Jahr. Das entspricht einem Gebührenanstieg von 249 Prozent.

Von den an Rhein und Ruhr getesteten acht Geldhäusern hat die Sparda-Bank West ihre Gebühren prozentual am meisten erhöht. Sie verlangt 66,7 Prozent mehr als im Sommer 2015. Fürs Girokonto mit Girocard und Kreditkarte sind aktuell 50 Euro im Jahr fällig – 20 Euro mehr als zuvor. Dennoch liegen bei den Gebühren für Kontoführung sowie Giro- und Kreditkarte die vier Genossenschaftsbanken der Rhein-Ruhr-Region mit durchschnittlich 64 Euro im Jahr 20 Euro unterm Durchschnitt der überregionalen Institute. Am teuersten sind nach wie vor die Sparkassen in Düsseldorf, Duisburg, Essen und Dortmund, obwohl sie ihre Gebühren zuletzt nur moderat zwischen 6,8 und 10,1 Prozent angehoben haben. Sie kassieren jetzt durchschnittlich 112 Euro.

Bei Kontoüberziehung drohen hohe Dispozinsen

Noch weit höhere Kosten können bei einer Nutzung des Dispokredits anfallen. Fast jeder sechste Bundesbürger nutzt seinen genehmigten Dispokredit auch regelmäßig. Das Minus beläuft sich dabei auf 1180 Euro im Zwölf-Monats-Schnitt, ergab eine Bankenumfrage von Keßler und der FMH-Finanzberatung.

Angesichts des nach wie vor hohen, oft zweistelligen Dispo-Zinssatzes fallen bei den Filialbanken für die durchschnittliche Nutzung des Kredits meist dreistellige Euro-Beträge im Jahr an.

Unterm Strich zahlen die Kunden der 14 getesteten überregionalen Geldhäuser, Sparkassen und Genossenschaftsbanken für das Girokonto-Gesamtpaket durchschnittlich 207 Euro im Jahr. Um mehr als die Hälfte günstiger sind im Schnitt die Direktbanken mit 92 Euro. Sie hielten ihre Preise für das Girokonto und die Karten stabil, sprich in der Regel kostenfrei. Bleibt hier nur der Dispozinssatz als Unterscheidungsmerkmal: Mit 4,19 Prozent ist die relativ unbekannte Deutsche Skatbank im Test am günstigsten, gefolgt von der Deutschen Kreditbank (DKB) mit 6,90 Prozent und der ING-DiBa mit 6,99 Prozent.