Berlin/Kabul. . „Herzlich willkommen in der Heimat“, dieser Satz war alles, was dem Kommandeur am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul am Donnerstagmorgen einfiel, als der Soldat plötzlich den unerwarteten Landsleuten gegenüberstand. So erzählt es der 24 Jahre alte Maitullah Azizi. Er war einer von 34 Afghanen, die von deutschen Polizisten aus der aus Frankfurt gelandeten Chartermaschine in die Kälte von Kabul eskortiert worden waren. Azizi wurde abgeschoben.

„Herzlich willkommen in der Heimat“, dieser Satz war alles, was dem Kommandeur am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul am Donnerstagmorgen einfiel, als der Soldat plötzlich den unerwarteten Landsleuten gegenüberstand. So erzählt es der 24 Jahre alte Maitullah Azizi. Er war einer von 34 Afghanen, die von deutschen Polizisten aus der aus Frankfurt gelandeten Chartermaschine in die Kälte von Kabul eskortiert worden waren. Azizi wurde abgeschoben.

„Ich bin so wütend“, sagt er. Vergeblich hatte er Jahre in Frankfurt um seine Anerkennung als politisch Verfolgter gekämpft. „Gestern war ich noch in Deutschland, jetzt stehe ich hier am Flughafen von Kabul, und meine Familien weiß nicht einmal, dass ich da bin.“

Laut Bundesinnenministerium (BMI) organisierte die europäische Grenzschutzagentur Frontex den Abschiebeflug, 93 Bundespolizisten waren mit an Bord, mehr als zwei Beamte pro Flüchtling, „speziell qualifiziert“ für diese Transporte, wie es heißt. Zudem ein Dolmetscher und „medizinisches Personal“. Frontex trage die Kosten für den Flug, so das Innenministerium. 350 000 Euro allein für den Charterflieger.

Eigentlich sollten 50 Personen abgeschoben werden, doch manche tauchten unter, bei anderen stoppten Gerichte den Rückflug. Die 34 abgeschobenen Männer lebten in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Bayern und dem Saarland. Am Mittwoch holten Polizisten sie in Wohnungen oder staatlichen Einrichtungen ab. Dies geschieht ohne Ankündigung, da Flüchtlinge auch in der Vergangenheit untergetaucht waren.

Ihr Antrag auf Asyl sei abgelehnt worden, so das BMI. Ein Drittel der Afghanen soll in Deutschland straffällig geworden sein, unter anderem wegen Diebstahl, Raub, Betäubungsmitteldelikten, sogar wegen Vergewaltigung und Totschlag. Sie wurden laut BMI teilweise aus der Haft abgeschoben.

Für die Behörden sind die Abschiebeflüge heikel, da in der Vergangenheit Piloten den Transport abgelehnt hatten – zu unsicher war die Sicherheitslage mit den Migranten an Bord. Das galt nur bei Linienflügen, in denen auch Passagiere dabei waren. Häufig spielten sich am Flughafen dramatische Szenen ab, die Menschen bekommen Wut oder Panik. „Wir wurden wie Gefangene behandelt. Für jeden von uns waren zwei bis drei Polizisten abgestellt“, erzählt einer der Afghanen, der seinen Namen nicht nennen will, „selbst wenn wir zur Toilette wollten, gingen sie mit uns.“

Keiner der abgelehnten Asylsuchenden gehört zu den Geflüchteten, die 2015 kamen. Die Afghanen lebten schon Jahre in Deutschland, viele sprechen sehr gut Deutsch. So wie der 20 Jahre alte Payam A., der 2011 noch als Teenager nach Deutschland reiste, die Mittlere Reife abgeschlossen hat – mit der Note 1,8. Das geht aus dem Eilantrag seiner Anwältin gegen die Abschiebung hervor. Sein Asylantrag wurde 2014 abgelehnt. A. besucht derzeit die Fachoberschule, möchte studieren. Am Mittwoch brachte die Polizei auch ihn zum Abschiebeflug. In letzter Minute kippte der Verwaltungsgerichtshof in Bayern die Entscheidung. Der Fall wird neu verhandelt.

Azizi (24) aber ist zurück in Afghanistan. „Ich liebe meine Heimat, ich liebe Afghanistan“, sagt er, „aber ich habe keine Ahnung wie es weitergehen soll. Es gibt keine Arbeit, die Lage ist noch gefährlicher für uns als damals, als ich nach Deutschland geflohen bin.“ Bei mehr als 200 000 Menschen lehnte der Bund den Asylantrag ab – sie sind „ausreisepflichtig“, 12 500 von ihnen sind Afghanen.

Vor allem die Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten. Die Sicherheitslage hat sich in weiten Teilen des Landes deutlich verschlechtert. Das Auswärtige Amt spricht eine Reisewarnung für Deutsche aus. Nach Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 konnten die afghanischen Sicherheitskräfte die Kontrolle über das Land nie vollends zurückgewinnen.

Scharfe Kritik von Linken und Grünen

Laut Bundesregierung gilt die gefährliche Lage nicht für alle Regionen Afghanistans. Natürlich sei die Sicherheitslage im Land kompliziert, so Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Februar in Kabul. „Aber Afghanistan ist ein großes Land. Dort gibt es unsichere und sichere Gebiete.“

Scharfe Kritik kommt von Linken und Grünen. „Der Bundestag beschließt die Verlängerung des Bundeswehrmandats in Afghanistan, Regierungsmitglieder reisen in Schutzwesten durch Afghanistan, die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch – und Innenminister de Maizière will mit der Sammelabschiebung ein Zeichen setzen, dass er durchgreift“, sagt Grünen-Chef Cem Özdemir dieser Redaktion. „Er offenbart damit, wie viel Angst er vor AfD und Co hat.“