Essen. . Ministerpräsidentin hält das Abkommen mit Nordafrika-Staaten „in der Praxis für untauglich“. NRW sei bei der Rückführung an der Spitze
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat in der Debatte um die Abschiebepraxis illegal eingereister oder straffällig gewordener Asylbewerber vor allem aus nordafrikanischen Ländern ein entschlosseneres Vorgehen der Bundesregierung gefordert. „Der Bund muss hier dringend handeln beziehungsweise neu verhandeln“, sagte Kraft am Freitag auf Nachfrage der WAZ.
Kraft kritisierte, dass die Bundesregierung im Februar Abkommen mit Marokko und Algerien ausgehandelt habe, die sich in der Praxis als untauglich erwiesen hätten. „Wir können Asylbewerber, auch wenn sie ausreisepflichtig sind, häufig nicht dorthin abschieben“, so die Ministerpräsidentin. Beide Länder lehnten Charterflüge bislang ab, nach Marokko und Algerien könne folglich nur per Linienflug abgeschoben werden. Die Fluggesellschaften akzeptierten aber meist nur ein bis zwei Abzuschiebende pro Flug.
Kraft: „Und wenn einer randaliert, weigert sich der Pilot, alle beide mitzunehmen.“ Im Gegensatz zum Durchschnitt der Flüchtlinge ist der Anteil straffälliger Asylbewerber aus den nordafrikanischen Ländern besonders hoch.
4200 Abschiebungen bis Oktober
Kraft verwies darauf, dass NRW bei der Rückführung von Menschen ohne Bleibeperspektive an der Spitze aller Bundesländer liege. Allerdings hat das Land auch die mit Abstand meisten Flüchtlinge aufgenommen. Nach Angaben der Landesregierung haben allein zwischen Januar und Oktober 22 000 Menschen ohne Bleibeperspektive das Land wieder verlassen. Der überwiegende Anteil ist freiwillig ausgereist. 4200 Asylbewerber mussten abgeschoben werden.
„Menschen ohne Bleibeperspektive müssen wir ehrlich sagen, dass sie wieder ausreisen müssen. Das setzen wir in NRW auch um“, betonte die Ministerpräsidentin, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist.
CDU übt Kritik an der Abschiebepraxis in NRW
Die CDU-Landtagsopposition kritisiert die Abschiebepraxis der rot-grünen Landesregierung schon seit Monaten heftig. NRW unternehme viel weniger als andere Bundesländer, um abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Der Großteil der nicht vollzogenen Abschiebungen sei durch Landeserlasse selbst verschuldet, sagte CDU-Landtagsvize André Kuper gestern. Die große Mehrheit derer, die in NRW geduldet würden, entstamme sicheren Herkunftsländern wie Serbien, Albanien, Kosovo, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina.