Rom. Italien schlittert nach der Schlappe bei dem Referendum in eine Regierungskrise. Matteo Renzi geht – es bleiben viele Fragezeichen.
- Italiens Ministerpräsident Renzi zieht Konsequenzen aus Niederlage beim Verfassungsreferendum
- Italien droht jetzt eine Regierungskrise, Opposition fordert rasche Neuwahlen
- Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone – und hochverschuldet
Nach der schweren Schlappe bei dem wichtigen Verfassungsreferendum hat Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi seinen Rücktritt angekündigt. Damit zog der europafreundliche Sozialdemokrat noch in der Nacht zum Montag die Konsequenz aus der bitteren Niederlage.
Am Montag wolle er seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella einreichen, sagte Renzi im Regierungspalast in Rom. Dem hochverschuldeten Italien droht jetzt eine Regierungskrise. Oppositionsparteien wie die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung forderten schnelle Neuwahlen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte mit Bedauern auf Renzis Rücktritt. „Wir haben sehr gut zusammengearbeitet“, sagte Merkel unserer Redaktion. Die demokratische Entscheidung der Italiener sei „natürlich zu respektieren“. Die Kanzlerin rief dazu auf, ungeachtet des gescheiterten Referendums in Italien die Arbeit „für Wachstum und Beschäftigung sowie für innere und äußere Sicherheit in Europa“ fortzusetzen.
Wahlbeteiligung bei 68 Prozent
Renzi sagte selbstkritisch: „Wir haben es nicht geschafft, die Mehrheit unserer Bürger zu überzeugen.“ Und fügte hinzu: „Ich habe verloren, und das sage ich laut aber mit einem Knoten im Hals, weil ich kein Roboter bin.“
Hochrechnungen sahen die Gegner der Verfassungsreform von Renzi deutlich vorne – rund 60 Prozent stimmten demnach gegen die Pläne, nur 40 Prozent dafür. Dieser Trend bestätigte sich auch nach der Auszählung der Mehrheit der Wahlbezirke. Die Wahlbeteiligung lag bei 68 Prozent.
Jubel bei der Fünf-Sterne-Bewegung
Die Reform sah vor allem eine Entmachtung des Senats vor, was das Regieren leichter machen sollte. Ständige Regierungswechsel in Italien sollten damit der Vergangenheit angehören. Für den Fall eines „Nein“ hatte Renzi schon vorher seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Deshalb war das Referendum eine Abstimmung über seine politische Zukunft.
Seine Gegner wie die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung oder die rechtspopulistische Lega Nord jubelten nach der Niederlage. „Die Italiener sollten schnellstens zur Wahl gerufen werden“, schrieb Fünf-Sterne-Anführer Beppe Grillo in seinem Blog. Seine Parteikollegin, die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi, erklärte: „Unsere Revolution macht nicht in Rom und Italien halt.“
Merkel pflegte gute Beziehung zu Renzi
In der EU war befürchtet worden, dass eine Niederlage Renzis den Populisten neuen Aufwind geben könnte.
Der 41-jährige Renzi war im Februar 2014 als jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes angetreten und gilt als Europa-Freund. Auch die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pflegte eine gute Beziehung zu dem Chef des Partito Democratico (PD).
Wirtschaft Italiens lahmt nach wie vor
Alle Augen richten sich nun auf Staatspräsident Mattarella. Er muss entscheiden, wie es weiter geht. Er kann das Rücktrittsgesuch Renzis annehmen und eine Übergangsregierung einsetzen. Er kann auch das Parlament auflösen und Neuwahlen für das kommende Jahr anordnen. Bis 2018 müssen in Italien Parlamentswahlen stattfinden.
Renzi wollte sich dafür einsetzen, dass kein Machtvakuum entsteht. Denn dies würde sich auf die Finanzmärkte negativ auswirken. Die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone ist mit etwa 130 Prozent der Wirtschaftsleistung so hoch verschuldet wie wenige Länder der Welt, die Wirtschaft lahmt immer noch. Das „Nein“ könnte nun auch die Krisenbanken weiter ins Wanken bringen. (dpa)