Windhuk. Zugegeben, als Afrika-Neuling ist man leicht zu verunsichern. Hier sollen wir aussteigen, um uns die Beine zu vertreten? Mitten in der Wildnis. Ist das nicht zu gefährlich? Reiseleiter Michael Niemeyer winkt ab. „Kein Problem“, sagt der blonde Namibier mit deutschen Vorfahren, der seit 23 Jahren im Tourismus tätig ist. Warum also sollte man ihm nicht glauben, dass man die beeindruckende Giraffe sowie die Warzenschweine und die Paviane, die alle mindestens einen halben Kilometer weg sind, in Ruhe fotografieren kann?
Zugegeben, als Afrika-Neuling ist man leicht zu verunsichern. Hier sollen wir aussteigen, um uns die Beine zu vertreten? Mitten in der Wildnis. Ist das nicht zu gefährlich? Reiseleiter Michael Niemeyer winkt ab. „Kein Problem“, sagt der blonde Namibier mit deutschen Vorfahren, der seit 23 Jahren im Tourismus tätig ist. Warum also sollte man ihm nicht glauben, dass man die beeindruckende Giraffe sowie die Warzenschweine und die Paviane, die alle mindestens einen halben Kilometer weg sind, in Ruhe fotografieren kann?
Ruhe und Stille gibt es allerorten in diesem beeindruckenden afrikanischen Land, das zweimal so groß ist wie Deutschland. Es existiert auch ein großes Straßennetz, allerdings sind nur wenige der Fahrbahnen im Land asphaltiert, meist handelt es sich um breite Sandpisten.
Im Dezember beginnt die Regenzeit und die Landschaft wird grüner
Die Straßenverhältnisse sind kein Problem für den Safaribus, den Michael Niemeyer durch die trockene, ockerfarbene Landschaft steuert. „Im namibischen Busch sieht man den Unterschied zwischen den Jahreszeiten nicht so“, erklärt er. Ab Dezember, wenn es anfange zu regnen, werde es wieder grüner. Aber Wassermangel ist ein beständiges Problem in diesem Land.
Eine der breiten Sandpisten führt in den Norden zum Etosha- Nationalpark. Bei Sonnenaufgang wird der Park geöffnet, bei Sonnenuntergang geschlossen. Wir fahren durch das Anderson-Tor am südlichen Ende hinein und sehen wenig später die ersten Steppenzebras, daneben weidet eine Gnuherde. Giraffen bewegen sich anmutig durch die Savanne, dazu Springböcke im Dutzend.
Die Tiere sind an die Fahrzeuge gewöhnt, lassen sich nicht stören. An einigen Bäumen hängen überdimensionale Vogelnester. Der Siedelweber nistet hier, einer hängt das Nest an das des anderen. „Ornithologische Plattenbauten“, nennt Michael Niemeyer die Nester scherzhaft. Immer wieder sind die Hinterlassenschaften von Elefanten zu sehen, aber keine leibhaftigen Tiere. Dabei sollen hier 2000 Elefanten leben, außerdem 300 bis 400 Spitzmaulnashörner und etwa 600 Löwen.
Und dann tauchen sie doch noch auf. Hinter den Bäumen ziehen Elefanten vorbei, sogar ein Jungtier ist darunter. Was für ein erhabenes Erlebnis, all diese Tiere nicht im Zoo, sondern in Freiheit zu erleben! Man möchte laut juchzen vor Begeisterung und staunt doch nur ergriffen, um sie nicht zu stören.
Wer den Park verlässt, muss seine Reifen desinfizieren. Das ist für alle Fahrzeuge Pflicht, damit hofft Namibia, Tierseuchen fernzuhalten. An der Grenze zu Angola im Norden gibt es einen Veterinärzaun, der dortige Tiere am Wandern hindern soll. „70 Prozent der Namibier leben von der Landwirtschaft“, erklärt unser Reiseleiter, vor allem von Rinderzucht. Eine Tierseuche wäre verheerend.
In Namibia unterwegs zu sein bedeutet, jeden Tag nur ein eingeschränktes Pensum zu schaffen. Denn das afrikanische Land ist zwar doppelt so groß wie Deutschland, ist aber mit nur etwa 2,3 Millionen Einwohnern dünn besiedelt. 1,32 Millionen Touristen bereisten Namibia im vorletzten Jahr, gut 86 000 kamen allein aus Deutschland.
Anastasia Gabathuler begrüßt regelmäßig europäische Gäste in ihrem Farmhouse Restaurant in Outjo. Die Namibierin hat sich von ihrer einstigen Tätigkeit als Haushaltshilfe und Putzfrau hochgearbeitet. Sie lernte kochen und betreibt bereits seit 2010 ihr eigenes Restaurant. Zusätzlich beherbergt sie Gäste. Mit ihrem Mann Urs, den sie in Afrika kennenlernte, hat sie auch schon einige Zeit in Graubünden in der Schweiz gelebt. „Ich habe die Kälte und den Schnee sehr gemocht“, sagt Anastasia in breitem Schwitzerdütsch. Letztlich sei es ihr Mann gewesen, der lieber in Afrika leben wollte. Und so serviert sie nun neben afrikanischen Speisen Nusstorte und Schwarzwälder Kirsch in Namibia.
Das Damaraland im Nordwesten des Landes ist ein lohnendes Ziel. In der unglaublich kargen Landschaft gibt es eine Unterkunft, die aussieht wie ein Drehort für einen James-Bond-Film. Die Doro Nawas Lodge liegt auf einem Hügel, das Gebäude sieht aus, als sei es Teil des Berges. Am Fuß des Hügels gruppieren sich die Bungalows für die Gäste. Unweit der Lodge liegt das Weltkulturerbe Twyfelfontein („Zweifelquelle“ – weil die europäischen Siedler Zweifel hatten, ob die Quelle tatsächlich genug Wasser gibt). Etwa 6000 Gravuren gebe es an den Felsen, „sie sind zwischen 3000 und 6000 Jahre alt“, sagt Reiseleiter Michael Niemeyer. Die San (Buschleute) hätten anhand der Zeichnungen miteinander kommuniziert. Viele Tiere kann man deutlich erkennen.
Einen weiteren Blick in die Vergangenheit bietet das Lebende Museum der Damara in der Nähe von Twyfelfontein. Dort können Besucher Interessantes über die Kultur der Damara erfahren, die zusammen mit den San zu den Ureinwohnern Namibias zählen.
Chereen, im traditionellem Rock aus Ziegenleder und barbusig, begrüßt die Besucher in tadellosem Englisch und führt sie durch die Siedlung. Alle Akteure hier tragen rekonstruierte Kleidung und zeigen traditionelle Aktivitäten. In der „Apotheke“ zum Beispiel lernt man, dass Elefantendung gegen Schmerzen im Knie hilft, wenn man daraus einen Wickel macht. Aus Ziegenhaut wurde Leder für die Kleidung gemacht, die abgeschabten Haare kommen ins Kopfkissen. „Wir wollen die Kultur lebendig erhalten“, sagt die 23-jährige Chereen, die seit zwei Jahren im Museum arbeitet, privat aber moderne Kleidung trägt.
Einen Abstecher in diesem Teil Namibias lohnt auch die Region um den Hohenstein – mit 2300 Metern der höchste Berg im Erongogebirge. Wer in dieser Gegend übernachtet, sollte unbedingt auch bis nach Etemba reisen. Es handelt sich um einen historischen Siedlungsplatz der San und eine der ersten Lodges in Namibia – schon in den 60er-Jahren kamen Urlauber hierher. Rund um die heutige Etemba Wilderness Lodge gibt es eine Reihe von Felsmalereien, die als Nationales Monument Namibias eingetragen sind. Manche der Malereien sind blassrot, andere kräftig rot wie Blut.
Eine Bootstour ab Swakopmund – mit Besuch von Robbe und Pelikan
Nach dem anstrengenden Marsch schmeckt es beim traditionellen Braii (Grillabend) noch besser. Auf einer Felskante kreischen ein paar Paviane. „Die tun nichts, die registrieren nur, dass wir hier sind“, sagt ein Mitarbeiter und wendet ungerührt die Steaks auf dem großen Grill. Am Himmel funkeln die Sterne, während es ringsum stockdunkel ist. Und hier wird klar, warum man vom Mars als den roten Planeten spricht. Ganz deutlich hebt er sich von den Sternen ab.Ein nie zuvor gesehenes Schauspiel.
Geschlafen wird in dieser Unterkunft in opulenten Zweibett-Zelten, vor jedem gibt es ein eigenes Freiluftbadezimmer. Zähneputzen unterm Sternenhimmel – mehr geht nicht!
Völlig konträr zeigt sich da die quirlige Küstenstadt Swakopmund. Viele der Gebäude sehen noch aus wie in einem deutschen Seebad, und auch das Klima fühlt sich hier plötzlich an wie an der Nordsee. Es ist bedeckt, windig und kühl. Gut, wenn man eine Jacke im Gepäck hat. Die braucht man spätestens, wenn man vom südlich der Stadt gelegenen Walvis Bay (Walfischbucht) mit einem Ausflugskatamaran hinaus auf den Atlantik startet. Kaum hat das Boot den Hafen verlassen, schlittert Bobby, eine Kappelzrobbe über das Deck. „In Namibia gibt es etwa 2,3 Millionen Robben“, erklärt uns Matthias (23), der auf der Tour für das Wohl der Gäste zuständig ist und gerade einen Plastikeimer hochhebt, um Bobby mit Fischen zu füttern. Das schlaue Tier hat gelernt, dass ein Touristenboot eine bequeme Nahrungsquelle ist.
Kaum haben sich die Passagiere von ihrem ersten Schrecken erholt, nur eine Armlänge von einem Raubtier entfernt zu sein, da flattert ein Pelikan heran und setzt sich auf eine Metallstange am Bug. Mit einer Spannbreite von etwa zwei Metern macht der große Vogel ordentlich Wind. Und auch er stochert mit seinem Schnabel im Eimer, schnappt sich Fisch um Fisch. Ein Pelikan kommt selten allein – innerhalb kürzester Zeit sitzen sie zu dritt vorn auf dem Schiff und fahren ein Stück mit.
Unterdessen nähert sich das Boot einem faszinierenden Spektakel im Wasser. Hunderte von Kappelzrobben gebärden sich wie Delfine und springen in hohen Bögen durch das Wasser, während auf einer Landzunge weitere Tausende Tiere lagern.
Was wäre eine Namibiareise schon ohne einen einzigen Ausflug in die Wüste? Mit Thommy fahren wir auf einer Tagestour hinein in die Namib. Um die Natur zu schonen, dürfen mit dem Fahrzeug nur bestimmte Routen genutzt werden. Wer anfangs nur die endlos vielen Sandkörner sieht, guckt mit Thommys Hilfe bald genauer hin. „Jede Pflanze, jeder Stein ist wie eine kleine Stadt“, sagt der 59-Jährige, der stets barfuß läuft. Alles Wasser in der Namib komme aus dem Nebel, und das reiche als Lebensraum für Spinnen, Sandvipern, Eidechsen oder Chamäleons.
Die Angst vor den großen wie den kleinen Tieren ist übrigens längst verschwunden. Die Neugier, noch viel mehr von Namibia zu sehen, ist dagegen noch viel größer geworden.