Landeskabinett bringt Gesetz zum Jugendstrafvollzug auf den Weg.Konsequenzen aus dem Fall Siegburg. Recht auf Bildung und Ausbildung im Gefängnis
Düsseldorf. Hohe Rückfallquoten von 70 bis 80 Prozent, Gewalttaten hinter Gittern, zu wenige Lehrstellen für Gefangene, geringe Personalausstattung, schlechte Unterbringung in alten Gefängnissen - der Jugendstrafvollzug in Nordrhein-Westfalen ist in Verruf geraten. Spätestens seit dem Foltermord an einem Jugendlichen in einer Gemeinschaftszelle der Haftanstalt Siegburg blickt die Öffentlichkeit mit Entsetzen auf die Zustände in den Gefängnissen.
Die Landesregierung versucht mit einem ohnehin notwendigen gesonderten Gesetz zum Jugendstrafvollzug die Umstände in den Gefängnissen zu verbessern. Am gestrigen Dienstag hat das Kabinett das Werk auf den Weg in den Landtag gebracht. "Für die jungen Gefangenen bedeutet das Gesetz Förderung, Erziehung und klare Perspektiven", sagte NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU).
Als Konsequenz aus Siegburg hat künftig jeder Jugendliche das Recht darauf, in einer Einzelzelle untergebracht zu werden. Eine gemeinschaftliche Unterbringung im geschlossenen Vollzug ist nur ausnahmsweise erlaubt. Das Gefängnispersonal ist dann verpflichtet, eine sorgsame Prüfung auf Verträglichkeit der Gefangenen untereinander vorzunehmen. Um Zeit für den Bau neuer Haftplätze zu gewinnen, sieht das Gesetz eine Übergangsregelung bis 2010 vor.
Während des Gefängnisaufenthalts muss der Jugendliche schulisch und beruflich weitergebildet werden, damit er später einen Job ergreifen kann und eine Perspektive im Leben erhält. Dabei ist die Gefängnisleitung verpflichtet, gleich bei Haftantritt die Maßnahmen im Vollzug zusammen mit dem Gefangenen zu planen. Der Jugendliche soll rechtzeitig vor seiner Entlassung in Wohngruppen untergebracht werden, damit er das Verhalten in einer Gemeinschaft üben kann.
Neben der Ausbildung erhält der jugendliche Gefangene wöchentlich mindestens drei Sportstunden, er darf mindestens vier Stunden pro Monat Besuch empfangen.
Damit die Gefängnis-Bediensteten die Anforderungen, mit schwierigen Jugendlichen umzugehen, erfüllen können, sollen diese stärker als früher qualifiziert werden und auch pädagogische Fortbildungen erhalten.