Pakistans Präsident verhängt den Ausnahmezustand und setzt Parlamentswahlen aus.US-Außenministerin Rice nennt das Vorgehen "höchst bedauerlich". Hausarrest für mutige Juristen

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© REUTERS

Neu-Delhi. Es war eine gespenstische Szene: Am Samstag versammelten sich sieben Richter im Gebäude des Höchsten Gerichts in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad, unter ihnen der Oberste Richter Iftikhar Chaudury. Die Juristen wussten, dass Präsident Pervez Musharraf den Notstand verhängen wollte und erklärten den Schritt präventiv für verfassungswidrig. Wenig später war das Gebäude von der Armee umstellt, die Richter unter Hausarrest und Chaudury abgesetzt.

Inzwischen wurde die Ausstrahlung privater und ausländischer Nachrichtensender in den Kabelnetzen von den Behörden unterbunden. Nach Angaben der Opposition wurden 1200 Funktionäre und Parteimitglieder sowie etwa 400 Aktivisten islamistischer Parteien verhaftet.

Mit der Ausrufung des Notstands und der vorläufigen Aussetzung der für Januar geplanten Parlamentswahlen spitzt sich die Krise in Pakistan dramatisch zu. Zwar begründete Musharraf den Schritt mit der "Destabilisierung" des Landes durch den wachsenden islamischen Fundamentalismus. Doch in Pakistan zweifelt kaum jemand daran, dass der General vor allem einem Urteil des Obersten Gerichts zuvorkommen wollte, das bis zum 15. November darüber entscheiden sollte, ob seine im Oktober erfolgte, dritte Wiederwahl in das Präsidentenamt verfassungsgemäß war. "Musharraf wusste, dass die Richter gegen ihn entscheiden würden", sagen Beobachter. Dies hatte sich bereits vergangene Woche angekündigt, als das Gericht verfügte, dass die Regierung vor wenigen Wochen verfassungswidrig handelte, als sie Oppositionspolitiker Nawaz Sharif an der Einreise nach Pakistan hinderte. Der Präsident, der stetig an Popularität verliert, hatte gehofft, durch ein Abkommen zur Machtteilung mit Oppositionsführerin Benazir Bhutto die Demokratiebewegung ruhig stellen zu können. Doch dass dies nicht ohne Weiteres funktionieren würde, zeigte sich, als auf Bhutto am Tag ihrer Rückkehr aus dem Exil in Dubai ein Attentat verübt wurde. Der Anschlag, für den Bhutto Teile der Regierung verantwortlich macht, wurde als Versuch gewertet, die für Januar geplanten Parlamentswahlen unmöglich zu machen.

Der Ausnahmezustand deutet nun in dieselbe Richtung. Bhutto war vergangene Woche angeblich aus familiären Gründen nach Dubai zurückgeflogen, kehre jedoch noch am Samstagabend in ihre Heimatstadt Karatschi zurück. Sie bezeichnete Musharrafs Schritt als "Verhängung des Kriegsrechts" und warf dem General vor, sein Verspechen gegenüber ihrer Partei PPP gebrochen zu haben, wonach er nach dem 15. November sein Amt als Armeechef niederlegen und als Zivilist das Präsidentenamt ausüben werde.

Dies war Teil des von den USA unterstützten Abkommens zwischen Bhutto und dem General, wonach diese unter einem zivilen Präsidenten Musharraf im Januar zur Premierministerin gewählt werden sollte. Durch die Machtteilung wollte Musharraf der zunehmenden Erosion seiner Position entgegen wirken. Musharraf hatte auch in Washington an Ansehen eingebüßt, weil er die versprochene Rückkehr zur Demokratie immer wieder auf Eis gelegt hatte. Musharraf war 1999 durch einen unblutigen Putsch an die Macht gekommen.

Das Vorpreschen der Richter unter Iftikhar Chaudury hat ihn zusätzlich unter Druck gesetzt. Doch es muss bezweifelt werden, ob die Verhängung des Notstands Musharrafs Probleme löst. Das Weiße Haus rief den General dazu auf, seine Uniform auszuziehen, bevor er am 15. November als Präsident eingeschworen wird und den Zeitplan für die Wahlen einzuhalten. Außenministerin Rice bezeichnete die Ausrufung des Notstands als höchst bedauerlich.