Auch die Städte im Ballungsraum Ruhrgebiet gehören bundesweit zu jenen, in denen die Kriminalität relativ niedrig ist. Gelsenkirchen etwa zählte 2006 weniger Straftaten als Münster
Berlin. Deutschland als eines der sichersten Länder der Welt? Diese Einschätzung will Konrad Freiberg so nicht stehen lassen. "Immer häufiger schlägt Polizistinnen und Polizisten in ihrem alltäglichen Dienst enthemmte, brutale Gewalt entgegen", sagt der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Deutschland sei keineswegs sicherer geworden, die Gewaltkriminalität nehme bedenklich zu.
Doch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der in den vergangenen Wochen noch eindringlich vor Sicherheitsrisiken in Deutschland gewarnt hatte, zeigte sich am Dienstag eher lächelnd als mit Sorgenfalten. In kaum einem anderen Land gebe es so wenig Kriminalität wie hier zu Lande, schwärmte der CDU-Politiker. "Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist hoch - und das ist auch gut so." Die Zahl der registrierten Straftaten ging laut amtlicher Kriminalstatistik bundesweit um 1,4 Prozent auf 6,3 Millionen zurück. Die Aufklärungsquote stieg dagegen von 55,0 auf 55,4 Prozent und erreicht damit den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.
Während die Zahl der Delikte abnimmt, breitet sich die Jugendgewalt allerdings bedrohlich aus. "Kriminalität ist leider jünger geworden in den letzten Jahren - eine Entwicklung, die wir mit Sorge sehen", sagt Berlins Innensenator Erhart Körting. Gerade unter Jugendlichen nehmen die Fälle von Körperverletzung zu. Der SPD-Politiker macht sich daher für "Anti-Gewalt-Training" in den Schulen stark. Auch Schäuble sieht Handlungsbedarf. Der Innenminister beauftragt das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen unter Leitung von Professor Christian Pfeiffer, eine breit angelegte Studie über "Jugendliche in Deutschland als Täter und Opfer" zu erstellen. 50 000 Schüler werden befragt. Erste Ergebnisse sollen bis Jahresende vorliegen.
Sorge bereitet den Behörden auch eine wachsende Zahl von Internet-Straftaten. "Die Entwicklung ist rasend schnell", warnt Schäuble. Regelmäßig kommt teuer bezahlte Ware nicht bei den Kunden an, immer wieder gelangen Ganoven an die Daten von Bankkunden. Es sei geradezu fahrlässig, im Internet bestellte Produkte im Voraus zu bezahlen, meint Körting. Wer dies tue, habe nur sein "begrenztes Mitleid". Doch nicht nur die Betrugsfälle im Internet häufen sich, besorgt sind die Innenminister auch über die zunehmende Verbreitung von Kinderpornografie und Terror-Propaganda im weltweiten Datennetz.
Auffällig ist auch in diesem Jahr wieder das gute Abschneiden der Großstädte im Ruhrgebiet in puncto Sicherheit. Trotz ihrer Größe gehören die Städte bundesweit zu den am wenigsten von kriminellen Delikten belasteten. So kommen Essen und Duisburg gerade einmal auf 9237 und 9472 Taten je 100 000 Einwohner. Zum Vergleich: Spitzenreiter Frankfurt/Main zählte 16 378 Straftaten.
Das unter hoher Arbeitslosigkeit leidende Gelsenkirchen steht mit 9241 Fällen sogar deutlich besser da als das idyllische Münster (10 071 Taten).
Sicherste Großstadt im Ruhrgebiet ist Witten (7620), gefolgt von Mülheim (7787) und Bottrop (7900), am unteren Ende stehen Dortmund (10 834) und Bochum (10 854). Iris Fourne? vom NRW-Innenministerium: "Die Zahlen bestätigen, dass man sich in Nordrhein-Westfalen trotz dieses großen Ballungsraumes ziemlich sicher fühlen kann."