Die Föderalismus-Reform II soll neue Regeln finden, um die Neuverschuldung zu beenden.Anfang 2008 wollen Struck und Oettinger einen ersten Vorschlag vorlegen
Berlin. Sie schienen gestern selber überrascht zu sein, wie einig man sich darin ist, künftig möglichst keine Schulden mehr zu machen und dies in der Verfassung festzuschreiben. SPD-Fraktionschef Peter Struck und Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger (CDU) betonten ein ums andere Mal nach der zweitägigen Sitzung der Föderalismusreform-Kommission II, dass es vorbei sei mit der Schuldenmentalität der letzten Jahrzehnte, die zum gesamtstaatlichen Schuldenberg von 1,5 Billionen Euro geführt hat. Deshalb, so Struck, ging es in der Tagung "ans Eingemachte", also um Geld und um politischen Spielraum.
Es müssten noch einige schwierige Fragen gelöst werden, so die, wie mit den horrenden Schulden von Bremen, Schleswig-Holstein und dem Saarland umgegangen werden soll. Diese Länder seien aus eigener Kraft zu einer Entschuldung nicht in der Lage. "Da ist eine Menge Arbeit zu leisten", sagte Struck. Falls nicht alle 17 (Bund und Länder) sich einigten, könnten der Bund und einige Länder für sich schärfere Regeln festlegen.
Es seien grundsätzliche Ziele definiert worden: Die Haushalte müssten dauerhaft ausgeglichen sein. Ferner solle es kein absolutes Verbot geben, das widerspreche dem nötigen Handlungsspielraum, den Politik haben müsse, zum Beispiel bei Notsituationen wie Hochwasser. Zudem müsse die Regelung "EU-kompatibel" sein, sprich mit dem EU-Stabilitätspakt übereinstimmen. Das könne etwa dadurch geschehen, dass er auf nationale Ebene übertragen wird, so Struck. Das könnte im Artikel 115 Grundgesetz geregelt werden, der bisher eine jedoch unwirksame Schuldenbegrenzung enthält, wonach die Neuverschuldung nicht die Summe der Investitionen überschreiten darf. Dies trug zu stetig steigenden Schulden bei. Eine Variante hier wäre, so Struck, den Investitionsbegriff realistischer zu gestalten.
Oettinger, der für die CDU-Seite der Kommission zusammen mit Struck vorsitzt, lobte, es herrsche in der Kommission eine gute "Arbeitskultur", der sich sogar die Linkspartei nicht entziehe. Diese verwies allerdings später auf erhebliche Differenzen in den Sachfragen. Oettinger: "Alle wollen mehr als ein Nullsummenspiel". Man wolle schon im Februar oder März des kommenden Jahres einen ersten Vorschlag vorlegen, wie die neue Schuldenregel aussehen könnte, mit der man neue Defizite "begrenzen und beenden" könne.
Es gebe einen breiten Konsens über die Notwendigkeit einer "Selbstbindung der Politik", betonte Oettinger. Eine absolute Garantie gegen neue Schulden könne es freilich nicht geben. Was die genannten überschuldeten Bundesländer angehe, "so bin ich bereit zu einer solidarischen Hilfe", bekräftigte Oettinger frühere Angebote. Dies könne zum Beispiel eine Unterstützung bei den Zinslasten bedeuten. Wenn die Kommission zugleich über eine größere Steuer-Autonomie für die Länder auf Wunsch der reicheren Länder debattiere, so dürfe dies keinen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern bringen, ergänzte Oettinger. Bei den Reformüberlegungen bleiben unberührt der Länderfinanzausgleich und der bis 2019 reichende Solidarpakt Ost. Bis dahin seien die Finanzströme festgelegt.