Bildungsforscher Bos spricht von einer Zeitbombe. Landesregierung und Zeitungsverlage versuchen gegenzusteuern

Düsseldorf. Fast jeder vierte 15-Jährige habe - "über alle Schulformen hinweg" - eine so große Leseschwäche, dass er für eine Berufsausbildung untauglich sei, klagt Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos (Uni Dortmund). "Ich predige seit acht Jahren, dass da mittelfristig eine Zeitbombe hochgeht." Überproportional stark seien junge Männer mit Migrationshintergrund betroffen. "Wenn die nicht in die Lage versetzt werden, einmal eine Familie zu ernähren, wird es dramatisch", warnt Bos.

"Mehr Lehrer, mehr Unterricht, mehr Förderung - die ganze Schulpolitik ist darauf ausgerichtet, das besser zu machen", lautet die Antwort von NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) auf diese Kritik. Ein wichtiger Beitrag zur Leseförderung sei das Projekt "Zeitungszeit". Zum dritten Mal ermöglichen seit Montag 49 Zeitungsverlage in NRW 22 300 Hauptschülern in 1200 Klassen für drei Monate die tägliche Lektüre einer aktuellen Tageszeitung. Sie wird in die Schule geliefert und auf Wunsch samstags nach Hause. "Wer Zeitung liest, erweitert die Allgemeinbildung, kann kritisch Stellung nehmen und spricht mit anderen über das Gelesene", gerät die Schulministerin geradezu ins Schwärmen. "Lesen ist der Schlüssel zum Wissen."

Die Journalistenschule Ruhr der WAZ Mediengruppe hat für alle beteiligten Lehrer und Schüler begleitendes Unterrichtsmaterial erarbeitet und betreut das dazugehörige Internetportal www.zeitungszeit.de. "Die meisten Schüler erkennen, dass sie durch Zeitungslesen besser informiert sind über das, was vor Ort und in der Welt passiert", lobt auch Jürgen Brautmaier von der Landesmedienanstalt das Projekt. Wichtig sei aber, anschließend "dran zu bleiben", unterstreicht Bildungsforscher Bos. "Wir merken, dass sich die Lesekompetenz sonst zum Teil wieder verliert."

Gymnasien und Realschulen bietet die WAZ-Mediengruppe regelmäßig ein eigenes Projekt "Zeitung und Schule" (ZEUS) an.