Türkische Fahnder zerschlagen offenbar ein Mordkomplott gegen den Literatur-Nobelpreisträger und mehrere kurdische Politiker
Istanbul. Die türkische Polizei hat eine Verschwörung ultra-nationalistischer Extremisten aufgedeckt. 33 Personen wurden festgenommen. Sie sollen unter anderem die Ermordung des türkischen Literatur-Nobelpreisträgers Orhan Pamuk geplant haben.
Unter den Festgenommenen sind der pensionierte General Veli Kücük, der Oberst a. D. Fikret Karadag und der Anwalt Kemal Kerincsiz. Er hatte in der Vergangenheit zahlreiche Gerichtsverfahren gegen kritische Intellektuelle wegen "Herabwürdigung des Türkentums" in Gang gesetzt, darunter gegen Orhan Pamuk und gegen den armenischen Bürgerrechtler Hrant Dink, der später ermordet wurde. Die Fahnder untersuchen nun eine mögliche Beteiligung der Festgenommen am Attentat auf Dink.
Oberst a. D. Karadag soll einem professionellen Killer eine Liste mit Zielen für weitere Mordanschläge übergeben haben. Auf der "Todesliste" standen laut türkischen Medienberichten neben Pamuk auch die kurdischen Politiker Ahmet Türk, Leyla Zana, Sebahat Tuncel und der Bürgermeister der Kurdenmetropole Diyarbakir, Osman Baydemir. Auch eine mögliche Verwicklung der Gruppe in die Ermordung des katholischen Priesters Andrea Santoro im Jahr 2006 wird untersucht.
Die Verschwörung operierte nach Angaben der Polizei unter dem Geheimnamen "Ergenekon". So heißt der Ursprungsmythos der Turkstämme, eine besonders in ultra-nationalistischen Kreisen gepflegte Legende. Die Verhaftungen dürften in der Türkei neue Debatten über den "derin devlet", den so genannten "tiefen Staat" auslösen. Damit meint man die Verflechtung von Sicherheitskräften, Politik und Justiz mit dem organisierten Verbrechen.