Die ewige Stadt, über Jahrzehnte eine Hochburg der Linken, driftet nach rechts, und mit ihr ganz Italien. Berlusconis Kandidat Alemanno wird Bürgermeister. Seine Anhänger strecken den Arm zum Gruß

Rom. Es ist später Abend, da richten sich alle Scheinwerfer auf den Balkon des römischen Rathauses. Gianni Alemanno, der frisch gewählte Bürgermeister, schwenkt die Nationalfahne und dankt seinen Anhängern und Wählern: "Wir haben einen langen Kampf gewonnen. Ich werde Bürgermeister aller Römer sein." Begeistert schallt ihm "Dux" (lateinisch für "Führer") entgegen. Alte Faschistenlieder ertönen. Jubelnde strecken auch den Arm aus zum einstigen faschistischen Gruß, wie ihn Italiens Diktator und Hitlerfreund Benito Mussolini (1883 bis 1945) eingeführt hatte.

Genau vor 63 Jahren war Mussolini, auch "Duce" genannt, von Widerstandskämpfern erschossen worden. Und genau am Jahrestag ist mit Alemanno erstmals wieder ein postfaschistischer Politiker zum Bürgermeister Roms mit 53,7 Prozent Stimmen gewählt worden. "Ein historischer Sieg", kommentierten der designierte Ministerpräsident Silvio Berlusconi und sein Partner Gianfranco Fini von der Nationalen Allianz AN, jetzt unter dem Namen Volk der Freiheit PDL vereint. Sie meinten damit, dass ihr Mitte-Rechts-Bündnis jetzt erstmals auch in der Hauptstadt dominiert und sich ihr Triumph nach der gewonnenen Parlamentswahl fortgesetzt hat.

Alemanno (50) kommt aus der AN, die vorher die neofaschistische MSI war. In jungen Jahren stand der gebürtige Süditaliener eine Zeitlang an der Spitze einer MSI-Jugendbewegung, die in Rom als Schlägertruppe bekannt war. Doch Fini, von 2001 bis 2006 auch Außenminister, hat seine AN gemäßigt und demokratisiert.

Die "Duce"-Nostalgiker aber halten sich. Selbst junge Fans salutierten faschistisch. Italiens moderate Presse registrierte es mit Abscheu. "AN-Fest zwischen Chören und ausgestreckten Armen", titelte La Repubblica. Öffentliche Fernsehsender indes erwähnten die Nostalgiker nicht. Sie scheinen bereits auf Berlusconis Rückkehr eingestellt zu sein. In seiner letzten Regierungszeit (2001 bis 2006) hatte der Eigentümer von drei privaten TV-Sendern es geschafft, unliebsame Berichterstattung aus dem staatlichen Fernsehen fernzuhalten.

Am Dienstag - gleich nach dem Alemanno-Sieg in Rom - fand die Eröffnungssitzung im Parlament statt. Im ersten Gang wurde Berlusconi-Mann Renato Schifani aus Sizilien zum Senatspräsident gewählt. In der Abgeordnetenkammer ist Gianfranco Fini als Präsident vorgesehen. 35 bis 40 Prozent aller Parlamentarier sind Neulinge. Das Durchschnittsalter beträgt 50 Jahre.

Die Protagonisten des ersten Tages zogen wieder das wohl bekannte deftige Vokabular hervor. Der populistische Lega Nord-Führer Umberto Bossi sprach mit Bezug auf die Opposition von "immer geladenen Gewehren". Berlusconi drohte der Europäischen Union, die marode Fluggesellschaft Alitalia nationalisieren zu wollen, wenn Brüssel ihn nicht entscheiden lasse, wie er wolle.

Berlusconi kündigte für Ende nächster Woche seine Regierungsmannschaft an. Vier Lega Nord-Minister sind dort vorgesehen. "Schämt euch", rief Berlusconi beim Verlassen der Abgeordnetenkammer Zuschauern entgegen, die sich als politische Gegner zu erkennen gegeben hatten.