Brüssel. Für das Europa-Archiv „Europeana“ stellen Bibliotheken der 27 EU-Länder historische Dokumente, Ton-, Bild- und Filmdateien kostenlos zur Verfügung: So gehen Europas Kulturschätze ins Netz.
Van Gogh’s „Abgetrene Schuhe mit Schnürsenkeln“ war das erste Bild auf der Webseite der Europäischen digitalen Bibliothek – inzwischen hat es gute Gesellschaft bekommen: Werke von Mozart, Dante und Descartes, Bilder vom Mauerfall und Auszüge aus der Magna Charta. Sogar das Lächeln der Mona Lisa kann jedermann auf dem eigenen Bildschirm bewundern – und sich somit das Schlangestehen vor dem Louvre ersparen. Seit gestern ist „Europeana“ online; fast drei Millionen Werke aus etwa 1000 europäischen Archiven, Bibliotheken und Museen sind auf dem vielsprachigen Internet-Portal zu sehen.
Seite brach vorübergehend zusammen
Schon in den ersten Stunden nach der Freischaltung besuchten mehr als zehn Millionen Internetnutzer die Seite - der Andrang war so groß, dass sie vorübergehend zusammenbrach und die Zahl der Server von drei auf sechs verdoppelt werden musste. „Das ist ein vielversprechender Start, aber noch sind wir ganz am Anfang“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso während der feierlichen Eröffnung in Brüssel. Für ihn ist „Europeana“ die Eintrittstür zur europäischen Kultur. Jeder kann sich auf die Reise durch das reichhaltige Erbe begeben – er braucht dafür weder Tickets noch Leihausweise. Wer zum Beispiel nach Wolfgang Amadeus Mozart sucht, kann auf „Europeana“ die Partituren des „Requiem“ studieren, geschrieben in der Handschrift des Komponisten und dabei digitalen Musikauszügen lauschen. Oder ein Physikstudent aus Deutschland kann in den digitalen Seiten von Isaac Newtons „Principia mathematica“ blättern.
Allerdings sind gerade einmal ein Prozent er europäischen Archive digitalisiert. Ziel der EU ist es, bis zum Jahr 2010 zehn Millionen Kunstschätze verfügbar zu machen. Frankreich hat bislang den mit Abstand größten Beitrag geleistet: Gut die Hälfte aller Werke bei „Europeana“ sind in französischen Sammlungen zu finden. Aus Deutschland kommen gerade einmal ein Prozent – Grund sind „technische Probleme“, die jedoch schon bald behoben sein sollen, heißt es in Brüssel.
Erbe im Internet
Seit drei Jahren unterstützt die EU-Kommission die Idee, Europas kulturelles Erbe im Internet für jedermann zugänglich zu machen. Die Gemeinschaft will „Europeana“ mit jährlich zwei Millionen Euro fördern, die Länder schießen insgesamt noch einmal 500 000 Euro hinzu. Die digitalisierten Objekte werden von einem Team aus Archivaren, Bibliothekaren und IT-Spezialisten in der Königlichen Bibliothek in Den Haag geordnet, vernetzt und auf „Europeana“ bereitgestellt. Was auf die Plattform gelangt, entscheiden allerdings die Museen selbst. Sie stehen auch dafür gerade, dass das Urheberrecht beachtet wird.