Karlsruhe. Es war einer der größten Bundeswehrskandale der vergangenen Jahre: Rekruten sollen bei einer simulierten Geiselnahme misshandelt und mit dem Tod bedroht worden sein. Das Landgericht Münster hatte zwei Männer schuldig gesprochen, nun rollt der BGH den Prozess noch einmal auf.

Die Rekrutenmisshandlung durch Bundeswehroffiziere beschäftigt am Mittwoch den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Vier Unteroffiziere der Coesfelder Freiherr-von-Stein-Kaserne hatten sich im Juni 2004 an einer sogenannten Geiselnahmeübung mit insgesamt 163 Rekruten beteiligt, bei der es in der Kaserne Coesfeld zu Gefangennahmen, Verhören und «Scheinerschießungen» ahnungsloser Rekruten kam. Der Fall war einer der größten Bundeswehrskandale der vergangenen Jahre.

Zwei von vier Angeklagten freigesprochen

Soldaten, die in der Grundausbildung waren, war gewaltsam Wasser aus einer Kübelpumpe in Mund und Hosen gespritzt und sie waren gedemütigt worden. Auch sollen junge Soldaten mit Stromstößen, Schlägen und Fußtritten misshandelt worden sein. Die Übung war nicht genehmigt.

Zwei der Angeklagten 2007 bei der Verhandlung vor dem Landgericht Münster. Foto: ddp
Zwei der Angeklagten 2007 bei der Verhandlung vor dem Landgericht Münster. Foto: ddp © ddp | ddp





Zwar hatte der Münsteraner Staatsanwalt in seinem Plädoyer von einem «Maß an Menschenverachtung, das kaum zu beschreiben ist» gesprochen. Das Landgericht Münster hatte im August jedoch nur zwei der vier angeklagten Unteroffiziere wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, die beiden anderen waren freigesprochen worden. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. 

Aber auch die beiden verurteilten Stabsunteroffiziere wollen vor dem höchsten Gericht für Strafsachen eine Aufhebung ihrer Verurteilungen erreichen. Einer war zu einer Bewährungsstrafe, der andere zu einer Geldstrafe von 2.400 Euro verurteilt worden.

Überprüfung nur auf Rechtsfehler

In der Revision vor dem BGH wird das Urteil des Landgerichts Münster ausschließlich auf Rechtsfehler überprüft. Eine eigene Beweisaufnahme oder Zeugenvernehmungen wird es in Karlsruhe nicht geben. Sollte der 1. Strafsenat das Urteil des Landgerichts Münster beanstanden, müsste der Prozess möglicherweise gegen alle oder einige Angeklagte noch einmal geführt werden.

Verwirft der 1. Strafsenat dagegen die Revisionen, wären die Urteile des Landgerichts rechtskräftig. Wann der BGH-Senat seine Entscheidung verkünden wird, ist noch offen.

Gegenstand des Strafverfahrens ist das Wehrstrafgesetz: Danach erhalten Vorgesetzte drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe, wenn sie Untergebene körperlich misshandeln oder ihre Gesundheit schädigen. Auch auf die entwürdigende Behandlung von Untergebenen steht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. (AP)

Aktenzeichen: Bundesgerichtshof 1 StR 158/08


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