Paris/Berlin. In Frankreich bringen sich die Kandidaten für die Präsidentschaft in Stellung. Doch welcher Politiker wäre gut für Deutschland?
Deutsche Kanzler können mit fast jedem französischen Präsidenten, Sozialdemokraten mit Gaullisten, Christdemokraten mit Sozialisten. Vor fünf Jahren hat Angela Merkel (CDU) noch Partei ergriffen und ein Doppelinterview mit Nicolas Sarkozy gegeben. Genutzt hat es dem damaligen französischen Präsidenten wenig.
Heute sind die Ansprüche in Berlin eindeutig. Jeder Kandidat geht in Ordnung – nur nicht Marine Le Pen. Sie zu stoppen, ist ein konzertiertes Anliegen, dies- und jenseits des Rheins. Eine „klare republikanische Antwort“ wünscht sich Axel Schäfer. Denn: „Mit Le Pen wäre die EU mit großer Wahrscheinlichkeit am Ende“, sagte der Vizechef der SPD-Fraktion und Europa-Experte dieser Redaktion.
Erst Brexit, dann Le Pen? „Dann würde es auf eine schleichende Zerstörung Europas hinauslaufen, dann spielt auch das besondere deutsch-französische Verhältnis nicht mehr die entscheidende Rolle“, warnte er.
Le Pen verhindern, ist keine „Mission Impossible“, wie François Fillons Durchmarsch zum Präsidentschaftskandidaten der Konservativen zeigt. Laut einer ersten Umfrage soll er der Rechtsextremistin Le Pen die Favoritenrolle abgenommen haben. Der Neogaullist würde demnach im nächsten Jahr aus der ersten Wahlrunde mit 32 Prozent als Sieger hervorgehen und Le Pen (22 Prozent) auf den zweiten Platz verweisen. Insgesamt sind fünf Kandidaten im Gespräch. Wer wäre gut für Deutschland?
François Fillon
Es ist kein Geheimnis, dass man sich in Berlin einen Erfolg von Fillons gemäßigteren Parteirivalen Alain Juppé gewünscht hat. Mit ihm wähnte sich Merkel auf einer Linie, jedenfalls eher als mit dem Euroskeptiker und Putinversteher Fillon. Er ist gegen die Russland-Sanktionen, weil er sie für nutzlos hält. Zudem ist er überzeugt, dass die Bemühungen um ein Ende des Kriegs in Syrien nur erfolgreich sein können, wenn man Putin als Verbündeten gewinnt.
Die deutsch-französische Freundschaft ist Fillon wichtig, er will sie verbessern, zumal seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen beinahe deckungsgleich sind mit denen der Kanzlerin. Im Vorwahlkampf begründete er die Notwendigkeit einschneidender Reformen übrigens mit dem Argument, dass nur ein wirtschaftlich starkes Frankreich ein gleichwertiger Partner für Deutschland sein könne sowie eine Voraussetzung dafür, dass der deutsch-französische EU-Motor funktioniert.
François Hollande
Die Anzeichen verdichten sich, dass der amtierende Präsident bald seine Kandidatur ankündigen will. In diesem Fall müsste er sich Ende Januar erst einmal den Vorwahlen seiner sozialistischen Partei stellen. Ob er diese gewinnen kann? Er ist der unpopulärste Präsident seit Langem und bis weit in das linke Lager hinein umstritten.
Zu einem halbwegs schlagkräftigen Duo fanden sich Merkel und er erst angesichts von Terrorbedrohung und Euro- sowie Ukrainekrise zusammen. Ansonsten gilt, dass die beiden mehr schlecht als recht miteinander auskommen. Während sie über Hollandes mangelnden Reformeifer zu verzweifeln droht, löckt er gegen den „Stachel“ Brüsseler Stabilitätspolitik.
Manuel Valls
Frankreichs Regierungschef ist das Aushängeschild des rechten Flügels der Sozialisten. Im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten Hollande schlägt er gerne mit der Faust auf den Tisch. Er gilt als durchsetzungsstark und reformwillig. Valls hält sich bereit, bei den Vorwahlen der Sozialisten zu kandidieren.
Noch bemüht er sich, dem Präsidenten dessen absolut unrealistischen Träume von einer zweiten Amtszeit auszureden. Als Staatschef würde Valls schon wegen seiner proeuropäischen Einstellung den Schulterschluss mit Berlin suchen. Mit einer Ausnahme: Merkels Flüchtlingspolitik ist ihm ein Dorn im Auge.
Emmanuel Macron
Auf etwa 14 Prozent schätzen Meinungsforscher den Stimmenanteil von Emmanuel Macron. Präsident Hollandes ehemaliger parteiloser Wirtschaftsminister kandidiert auf eigene Faust. Der 38-jährige Jungstar der französischen Politik predigt die Modernisierung Frankreichs durch liberalsoziale Reformen und eine Runderneuerung des „überholten“ Systems. In Deutschland gilt er als Linksliberaler, mit SPD-Chef Sigmar Gabriel hat er einst ein Positionspapier verfasst.
Marine Le Pen
Sollte die Rechtsextremistin an die Macht kommen, ist die offene Konfrontation mit Berlin programmiert. Le Pen prangert Merkel als eine Zuchtmeisterin an, die ganz Europa unter die Knute ihrer Sparpolitik zwingt. Nach einem Wahlerfolg will sie innerhalb von 100 Tagen ein Referendum über einen Austritt aus der EU organisieren.
Ebenso gehört der Abschied vom Euro zu ihrem Programm, das über eine Rückkehr zum Franc und hohe Zölle auf ausländische Waren die Wirtschaft des Landes zu sanieren verspricht. Nicht zuletzt weigert sich Le Pen, einen Unterschied zwischen Migranten und Flüchtlingen zu machen.
Da nach ihren Worten Frankreich von ausländischen Horden überrannt zu werden droht, will sie jede Zuwanderung stoppen. Wenn sie es in die Stichwahl schafft, ist die „republikanische Antwort“ fällig, von der Schäfer redet: Dann müssen die großen Parteien, Sozialisten und Gaullisten, kooperieren – um sie zu verhindern.