Düsseldorf. . Der Landesparteitag der FDP nominiert den Parteichef als Nummer eins in Land und Bund. Der 37-Jährige setzt auf bündnispolitische Unabhängigkeit
Die FDP vertraut im Doppelwahljahr 2017 ganz auf den „Zwei-Stufen-Plan“ ihres Vorsitzenden Christian Lindner. Der Landesparteitag am Wochenende in Neuss nominierte den 37-Jährigen mit starken Ergebnissen von 95 Prozent (Land) und 91 Prozent (Bund) zum jeweiligen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Mai und die Bundestagswahl im September.
Auch wenn er selbst nur pro forma erneut ein Landtagsmandat anstrebt und eigentlich künftig bei einer FDP-Rückkehr in den Bundestag in Berlin arbeiten will, zählt nach Lindners Logik jede Stimme für die Liberalen doppelt. Von NRW werde mit einem starken FDP-Ergebnis ein Signal in die ganze Republik gesendet.
Liberalen wollen 2017 als drittstärkste Partei in den NRW-Landtag einziehen
Lindner will die „Freien Demokraten“, wie man sich seit der historischen Bundestagsniederlage 2013 nennt, als wahre Alternative im „gefühlten Einerlei der deutschen Politik“ positionieren. Als Gegenentwurf zur Schwarz-Rot und Rot-Grün sowie als Antwort auf „Shitstorm-Kultur“ und „Empörungsgeschwader in Berlin“. Bündnispolitisch lebt Lindner maximale Unabhängigkeit vor. „Herr Gabriel muss mit Frau Merkel regieren, Herr Özdemir will mit Frau Merkel regieren, und wir haben es schon hinter uns“, wirft er dem johlenden Parteivolk in Neuss hin.
In NRW hat die FDP klar gestellt, dass sie nicht für eine Ampel-Koalition zur Verfügung steht und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) keinesfalls in eine weitere Amtszeit wählt. Mehrere Redner in Neuss formulierten das Ziel, in NRW mit einem zweistelligen Ergebnis drittstärkste Kraft werden zu wollen.
FDP plant, die Inklusion aussetzen und den Ladenschluss zu liberalisieren
Die Liberalen nutzten die rot-grüne Problembilanz auf Landesebene in den Kernfeldern Bildung, Wirtschaft und Innere Sicherheit zum Frontalangriff. Unterrichtsausfall, Inklusion, Turbo-Abitur - die Bildungspolitik von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sei ein einziger „Blick in einen Altglas-Container: nichts als grüne Scherben“, höhnte Lindner.
Die FDP will an Gymnasien eine G8/G9-Wahlfreiheit für jede einzelne Schule schaffen und 30 neue naturwissenschaftlich-technische Elite-Gymnasien in soziale Brennpunkte („Turnaround-Schulen“) bringen. Der umstrittene Rechtsanspruch auf Regelbeschulung behinderter Kinder (Inklusion) soll ausgesetzt und zunächst sozialpädagogisch gerüstete Schwerpunktschulen gebildet werden.
Eine konkrete Kehrtwende plant die FDP bei der seit 2010 zweimal angehobenen Grunderwerbsteuer: Für selbst genutzte Immobilien-Käufe soll künftig ein Freibetrag von 500.000 Euro gelten. Zudem soll der Ladenschluss für Einzelhändler in kommunaler Regie wieder deutlich liberalisiert oder womöglich komplett freigegeben werden.