Berlin. Der Staat soll länger einspringen, wenn ein Elternteil nicht zahlt. Das sieht ein Entwurf von Familienministerin Schwesig (SPD) vor.
Die Koalition will mehr für Alleinerziehende tun: Das Kabinett hat einen Plan auf den Weg gebracht, nach dem der Staat länger einspringen soll, wenn ein unterhaltspflichtiger Elternteil nicht zahlt.
Der Staat streckt den Unterhalt vor, wenn Alleinerziehende vom anderen Elternteil des Kindes keinen Unterhalt bekommen. Bisher wurde der Vorschuss nur für Kinder bis zu zwölf Jahren und höchstens für sechs Jahre gezahlt. Nach den Plänen von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zahlt der Staat ab Januar 2017 in jedem Fall bis zum 18. Lebensjahr. Laut Schwesig werden davon 260.000 Kinder profitieren. Bisher zahlt der Staat den Vorschuss für 440.000 Minderjährige.
Wie der Vorschlag aus dem Familienministerium genau umgesetzt werden wird, ist noch nicht klar. Bislang trägt der Bund ein Drittel der Kosten für den Unterhaltsvorschuss, die Länder übernehmen zwei Drittel. Bliebe es dabei, müsste der Bund künftig 260 Millionen Euro mehr aufbringen, die Länder 530 Millionen Euro. Der Bund hatte vorgeschlagen, künftig auf seinen Anteil aus dem Rückgriff zu verzichten. Das ist das Geld, das der Staat den alleinerziehenden Eltern ausgelegt hat und das er sich dann von dem säumigen Elternteil zurückholen kann.
Kritik an der zeitlichen Umsetzung des Gesetzes
Kritik an den Plänen kommt aus den Kommunen: Sie fordern, die Ausweitung um ein halbes Jahr zu verschieben. Ein Gesetz, das frühestens Mitte Dezember verabschiedet werde, könne nicht zwei Wochen später ausgeführt werden, warnten die Spitzenverbände von Städten und Gemeinden. Dies funktioniere personell und organisatorisch nicht, so Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, in der „Passauer Neuen Presse“.
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, mahnte an, dass die Familien in 87 Prozent der Fälle gleichzeitig Hartz IV bezögen. Die Leistungen werden dann miteinander verrechnet. „Es findet ein sehr aufwendiges Erstattungsverfahren zwischen den kommunalen Unterhaltsvorschussstellen und den Jobcentern statt, ohne dass die Familien einen Cent mehr in der Tasche haben“, so Landsberg.
Armutsrisiko bei Alleinerziehenden rund dreimal höher
Die rund 1,64 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland und ihre 2,3 Millionen Kinder leben deutlich öfter in finanziell schwierigen Situationen als Familien, in denen die Eltern zusammenleben. Das Armutsrisiko der Alleinerziehenden ist rund dreimal so hoch. Mehr als 600.000 Alleinerziehende sind von der Grundsicherung abhängig.