Berlin. .

Altersarmut wird für Millionen Menschen zu einem realen Problem. Das ist eine der zentralen Aussagen des neuen „Alterssicherungsberichts 2016“ von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), der dieser Zeitung vorliegt.

Ohne zusätzliche Altersvorsorge werde das Versorgungsniveau in den kommenden Jahren „deutlich zurückgehen“, heißt es in dem Report, den das Kabinett im November beschließen soll. Hier liege insbesondere für Geringverdienende ein erhebliches Risiko: „Wird in diesem Einkommensbereich nicht zusätzlich vorgesorgt, steigt das Risiko der Bedürftigkeit im Alter stark an.“

Die deutliche Warnung bildet den Schlussteil des 258 Seiten starken Berichts, den die Regierung alle vier Jahre als Gesamtschau über die heutige und künftige Lage der Senioren vorlegt. Diesmal kommt dem Werk eine besondere Bedeutung zu: Auf Grundlage dieses Papiers und eines weiteren Rentenberichts will Nahles noch im November ein Reformpaket vorlegen, das künftige Altersarmut begrenzen soll. Der Bericht macht klar, wo die Ministerin den größten Handlungsbedarf sieht: Bei Geringverdienern. 47 Prozent der Beschäftigten mit einem Monatsbrutto von weniger als 1500 Euro hätten weder eine betriebliche Altersversorgung noch einen Riester-Vertrag – betroffen sind allein in dieser Gruppe 1,9 Millionen Beschäftigte, zwei Drittel davon Frauen.

Ein Grund dürfte sein, dass Niedrigverdiener schlicht das Geld für das Alterssparen fehlt, aber womöglich auch die Aussicht, dass ihr angespartes Vermögen im Alter auf den möglichen Bezug von Sozialhilfe angerechnet wird. Nahles will jetzt versuchen, Beschäftigten mit niedrigen Löhnen durch steuerliche Förderung besseren Zugang zu Betriebsrenten zu verschaffen.

Aber auch unter allen Beschäftigten verlässt sich dem Bericht zufolge knapp jeder Dritte allein auf die gesetzliche Rente ohne jede eigene Vorsorge. Dennoch spricht der Report insgesamt von einer erfreulichen Verbreitung privater Sparbemühungen: Es gebe mehr als 20 Millionen Anwartschaften auf eine Betriebsrente und 15,6 Millionen Riester-Verträge. Allerdings stagnieren die Zahlen, ein Teil der Riester-Verträge ruht auch. In Modellrechnungen kommen die Autoren dennoch zu dem optimistischen Schluss, dass das Versorgungsniveau für bestimmte Gruppen künftiger Rentner insgesamt sogar höher sein könnte als heute. Wegen der verbesserten Mütterrente und der besonderen Riester-Zulagen für Familien werde das Gesamtniveau der Altersbezüge für Versicherte mit Kindern „sogar sehr deutlich ansteigen.“ Dennoch warnt die Regierung jetzt drastischer als bisher vor Altersarmut. Der Bericht bietet damit reichlich Stoff für die Beratungen in der Koalition über die Rentenreformen. Einigkeit besteht bereits über eine bessere Förderung von Betriebsrenten.