Bochum. . Wer studieren will, muss besonders intensiv Deutsch lernen. Das Land gibt 30 Millionen Euro für Sprachkurse und Mentoren. Großer Andrang herrscht in Bochum.
Als Mazen Draw über die Empfehlung von Flüchtlingshelfern an die Ruhr-Universität Bochum gelangte, war der 24-Jährige noch einer der ersten Syrer auf dem Campus. Die Hochschule bot ihm kostenlose Gasthörerschaften an und dank ehrenamtlichem Engagement der Dozenten lernte Draw Deutsch. Damit Flüchtlinge wie er aber einen vollwertigen Studienabschluss machen können, hat die Landesregierung jetzt Geld für besonders intensive Sprach- und Integrationskurse bereitgestellt.
Bundesweit interessieren sich rund 50 000 junge Flüchtlinge für ein Studium in Deutschland. Das sind aktuelle Schätzungen des Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). 100 Millionen Euro hatte die Bundesregierung bis 2018 zugesagt, um diese jungen Menschen zu fördern. Als erstes Bundesland hat NRW zudem eigene Mittel bereitgestellt: Unter dem Titel „NRWege ins Studium“ werden jährlich rund 30 Millionen Euro an die Hochschulen vergeben, um Sprachkurse und Beratungsstellen zu finanzieren.
24 Stunden Deutsch pro Woche
An der Ruhr-Universität Bochum ist der Bedarf dafür hoch. Bis zu 70 junge Studienanwärter empfängt die Hochschule in jeder ihrer wöchentlichen Flüchtlingssprechstunden. Das Team von Ulrike Herrlich, das zuvor hauptsächlich für ausländische Studenten von Partneruniversitäten zuständig war, wird wegen dieses Andrangs längst von Kollegen unterstützt. Auch Studierende mit Arabischkenntnissen helfen aus. „Probleme mit fehlenden Unterlagen gibt es aber selten“, sagt Herrlich. „Fast 90 Prozent der Bewerber haben ihre Zeugnisse elektronisch dabei.“
Um Geflüchteten einen Studienplatz anbieten zu können, und damit eine Perspektive für die Zukunft, hat das Bundesbildungsministerium zwei Förderprogramme gestartet: „Welcome“ soll vor allem Mentoren und Hilfskräfte finanzieren, das Integrationsprogramm „Integra“ spezielle Sprachkursplätze für Studienbewerber ermöglichen. Vergeben werden die Mittel vom Akademischen Austauschdienst DAAD. Katharina Riehle vom DAAD sagt: „Wir rechnen in den nächsten Jahren noch mit einer Steigerung des Bedarfs.“
Mehr als 200 Hochschulen in Deutschland haben bereits Mittel beantragt. In NRW wurden die meisten Anträge gestellt. Das bevölkerungsreichste Bundesland hat die meisten Flüchtlinge aufgenommen und verfügt über eine große Hochschuldichte. Auf diesen hohen Bedarf habe das Land mit seinem zusätzlichen Förderprogramm reagiert, sagt ein Sprecher des NRW-Wissenschaftsministeriums: „Die Mittel stehen erst einmal bis 2020 zur Verfügung und dürften dann an die weiteren konkreten Bedarfe angepasst werden.“
Die Universität Duisburg-Essen besuchten im vergangenen Semester 65 Flüchtlinge als Gasthörer, an der Dortmunder waren es 40. An beiden Hochschulen wird mit steigender Nachfrage gerechnet. An der Ruhr-Universität, die über ihren Fachbereich „Deutsch als Fremdsprache“ früh Sprachkurse zur Vorbereitung auf das Studium anbot, ist die Nachfrage deutlich größer: 200 neue Plätze im Anfängersprachkurs werden bereitgestellt – bei rund 370 Anmeldungen.
Die neuen Kurse, die für Anfänger zwölf und für Fortgeschrittene 24 Wochenstunden umfassen, sind speziell auf die Sprachfertigkeiten zugeschnitten, die Flüchtlinge im Studium vorweisen müssen. Gut anderthalb Jahre dauere die Sprachausbildung, schätzt Ulrike Herrlich. Ergänzt wird sie durch Kurse, bei denen die Geflüchteten die deutsche Kultur und Geschichte kennenlernen.
Mazen Draw hat die Vorbereitungskurse in der Rekordzeit von einem Jahr absolviert und spricht jetzt fließend Deutsch. „Wir haben noch nie eine Gruppe ausländischer Studierender gehabt, die so zielstrebig und lernwillig ist“, sagt Ulrike Herrlich lobend. Für Draw, der in Aleppo seinen Bachelor in Bauingenieurswesen gemacht hatte, geht ein Traum in Erfüllung: Er beginnt jetzt das Masterstudium in Bochum. Mit dem deutschen Abschluss, weiß er, hätte er gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.