Berlin. .
Der Wunsch nach Kindern wird wieder populärer. Die Geburtenrate ist in Deutschland 2015 im Durchschnitt auf 1,5 Kinder je Frau gestiegen – nach 1,47 im Vorjahr, berichtet das Statistische Bundesamt. Es ist der höchste Wert seit 1982 – damals lag er bei 1,51 Kindern pro Frau. Für Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ist der Trend zu mehr Geburten „die größte Motivation“, politisch noch mehr für Familien und Kinder zu erreichen: „Mütter und Väter brauchen unsere Unterstützung.“
Wie viele Kinder werden in Deutschland geboren?
Insgesamt erblickten 738 000 Kinder im vergangenen Jahr das Licht der Welt. Der Anstieg der Geburtenrate gelang vor allem durch Ausländerinnen, die in Deutschland leben und 148 000 Kinder bekamen. Ihre Geburtenrate erhöhte sich deutlich von 1,86 auf 1,95 Kinder. Die Zahl der Kinder von Deutschen stieg nur leicht von 1,42 auf 1,43. Ihr erstes Kind bekommen Frauen im Schnitt mit 29, ein zweites oder drittes mit 32 oder 33 Jahren. Deutsche Frauen waren bei der Geburt ihres Kindes durchschnittlich ein Jahr älter als ausländische.
Wie hat sich die Geburtenrate in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt?
Die Geburtenrate in Deutschland erreichte in den 60er-Jahren ihren bisherigen Höhepunkt. Durchschnittlich gebar damals jede Frau 2,5 Kinder. 1964 war mit 1,36 Millionen Neugeborenen das Rekordjahr. Diesem Babyboom folgte ein deutlicher Rückgang. Eine Ursache liegt in der „Pille“, die als Verhütungsmittel 1961 auf den Markt gebracht wurde. Aber auch der steigende Wohlstand in der westdeutschen Bevölkerung, verbesserte Bildungschancen für Frauen und das sich verändernde Frauenbild ließen Kinderwünsche zunehmend in den Hintergrund treten.
Warum bekommen Ausländerinnen mehr Kinder?
Bevölkerungswissenschaftler führen die höhere Geburtenrate auf die Traditionen in den Heimatländern zurück. In vielen Ländern außerhalb Europas zählen Kinder zum festen Bestandteil der Lebensplanung. „Die verstärkte Zuwanderung nach Deutschland hat zu dem Geburtenanstieg beigetragen“, sagt Stephan Sievert, Leiter für Migration und Arbeitsmarkt, vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, dieser Zeitung.
Hilft die Familienpolitik?
Die Familienpolitik hat zu dem Anstieg der Geburtenrate beigetragen, sagt Bevölkerungsexperte Sievert. „Wesentlich ist dafür vor allem der Kita-Ausbau, der eine notwendige Voraussetzung ist, um Arbeit und Kindererziehung zu vereinbaren, sowie das Elterngeld, das insbesondere für Berufstätige durch den Gehaltsersatz ein Anreiz ist.“ Die Familienpolitik allein werde aber nicht zu einem deutlichen Anstieg der Geburtenrate führen. Notwendig wäre eine neue Kultur, die eine Vereinbarung von Familien- und Erwerbsleben noch besser ermöglicht. „So müssten Elternpflichten noch gleichmäßiger auf Frauen und Männer verteilt werden, wie in Skandinavien.“
Gleicht die Geburtenrate die Sterberate aus?
In Deutschland sterben seit 1972 jedes Jahr mehr Menschen als neue Bürger geboren werden. 2015 waren es 925 000. Damit die Geburtenzahl jene der Sterbenden ausgleichen kann, müsste die Geburtenrate der Frauen auf 1,6 bis 1,8 Kinder steigen, sagt Sievert vom Berlin-Institut. Dies sei aber nicht schnell realisierbar. Deutschland brauche deshalb Zuwanderer, um seine Bevölkerungsgröße stabil zu halten.