Berlin. .

Als Peer Steinbrück in der vergangenen Woche seine letzte Bundestagsrede hielt, vermittelte er tatsächlich den Eindruck, man werde von ihm künftig nichts mehr hören. „Dies, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, das war der letzte Ton aus meinem Jagdhorn. Vielen Dank“, das waren die kraftvollen Schlussworte des 69-Jährigen im Plenum. Doch der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat, Bundesfinanzminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsident sprach da wohl nur von seinem Amt als Bundestagsabgeordneter, das er zum 30. September abgegeben hat.

Frei vom Mandat erzählt Steinbrück nun der „Zeit“ von seiner neuen Verwendun im Dienste einer Direktbank: „Ich werde ein Angebot der ING-DiBa annehmen, als Berater des Vorstandes.“ Wohl ahnend, dass sein Wechsel mindestens für Stirnrunzeln sorgen könnte, schiebt Steinbrück Rechtfertigungen hinterher: Die Zeit als Finanzminister sei sieben Jahre her, eine Interessenkollision könne er nicht erkennen. Auch passe der Wechsel zu seiner häufig geäußerten Kritik an der Praxis vieler Banken, erklärt er. Die ING-DiBa habe eine sozialdemokratische Tradition und sei von Georg Leber 1965 als Bank für Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand mit gegründet worden.

Da spricht derselbe Steinbrück, der als Finanzminister Banken ein „irrsinniges Spiel mit den Milliarden“ vorwarf. In seine Zeit als Finanzminister fiel die Finanzkrise von 2008, in der die Bundesregierung etwa die Hypo Real Estate und die Commerzbank mit Milliarden rettete.

Dass Banken sich die Dienste früherer Spitzenpolitiker einkaufen, ist nicht neu. Gleichwohl haftet jedem dieser Wechsel ein Makel an. Durchaus heikle Fragen sind mit den Posten verbunden: Gibt es auch nach Karenzzeiten von 18 Monaten noch Interessenkonflikte? Welches geheime Wissen nimmt der frühere Amtsträger mit zur Bank? Ohne Zweifel, den Banken geht es um exklusive Kontakte in die Politik hinein, natürlich auch um Lobbyarbeit. Die Posten für die Ex-Politiker sind in der Regel gut dotiert, die Erwartungen an Gegenleistungen entsprechend hoch.

Doch ganz am Anfang steht die öffentliche Empörung. So groß wie über den ehemaligen Präsidenten der EU-Kommission José Manuel Barroso ist sie bis dato in keinem anderen Fall eines Seitenwechsels gewesen. Barrosos Einstieg bei der US-Bank Goldman Sachs in diesem Sommer regte nicht nur EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) fürchterlich auf („Völlig inakzeptabel“). Der französische Präsident François Hollande stellte Barrosos Entscheidung moralisch infrage. Auch der Ex-Kommissionspräsident hat rechtlich nichts zu befürchten. Nach Regeln der Europäischen Union läuft ein möglicher Interessenkonflikt nach 18 Monaten aus – der Portugiese ist seit zwei Jahren nicht mehr im Amt.

Als Gerhard Schröder (SPD) 2006 nur wenige Monate nach dem Auszug aus dem Kanzleramt als Berater der Investmentbank Rothschild anfing, gab es auf Bundesebene noch keine Karenzregeln. Das Engagement des Ex-Kanzlers endete erst vor wenigen Wochen. Kaum bekannt ist, dass auch Schröders Vorgänger Helmut Kohl (CDU) nach seiner Amtszeit als Bankberater bei der Credit Suisse tätig war.

Wie mächtig die Berater-Posten sind, ist schwer zu beurteilen. Ein Ex-Politiker, an dessen Macht als Banker kein Zweifel besteht, ist Georg Fahrenschon. Der ehemalige bayerische Finanzminister wurde vor fünf Jahren zum Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands gewählt – nur knapp vier Wochen nach seinem Amtsverzicht.