Düsseldorf. . Weil sie sparen müssen, müssen viele arme Städte die Hebesätze für Gewerbesteuern erhöhen. Das Wirtschaftministerium will das nun begrenzen.
Die rot-grüne Landesregierung arbeitet an einer Gewerbesteuer-Bremse für finanziell angeschlagene Städte. Kommunen mit Nothaushalten müssten „aus dem Teufelskreis ständig steigender Steuersätze herauskommen“, forderte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts in Düsseldorf.
Eine Expertengruppe aus Wirtschafts-, Innen- und Finanzministerium werde darüber beraten, wie Kommunen für Gewerbeansiedlungen wieder wettbewerbsfähiger gemacht werden können. Dabei werde kritisch überprüft, wie gerade in klammen Kommunen die Spirale immer höherer Steuern durchbrochen werden soll. „Das Problembewusstsein ist da“, sagte Duin.
Der durchschnittliche Gewerbesteuer-Hebesatz in NRW liegt bundesweit am höchsten und beträgt inzwischen 442 Punkte. In finanzschwachen Kommunen des Ruhrgebiets liegt er sogar deutlich über 500 Punkten. Im bundesweiten Schnitt erheben die Städte dagegen nur 357 Punkte.
Zurzeit schreibt das Land für die Finanzausstattung der Kommunen im Gemeindefinanzierungsgesetz einen fiktiven Hebesatz von 417 Punkten fest. Wer darunter bleibt wie Monheim mit nur 265 Punkten, muss das selbst erwirtschaften. Kommunen, die im Landesprogramm „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ Entschuldungsauflagen zu erfüllen haben, legen dagegen oft Jahr für Jahr höhere Hebesätze fest. Darunter leidet die Attraktivität für potenzielle Arbeitgeber.
Der „fiktive Hebesatz“ spielt eine entscheidende Rolle
Die Landesregierung müsse „über die Entwicklung der fiktiven Hebesätze reden“, sagte Duin. Eine Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes mit dem Ziel der Gewerbesteuer-Senkung könnte beim Land allerdings leicht Milliardenkosten auslösen. Bislang war Kritik an den Negativeffekten des „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ gerade aus den ärmsten Kommunen in Düsseldorf ungehört verhallt.
Im Jahreswirtschaftsbericht hat Duin erstmals wieder eine Analyse der NRW-Branchen und Regionen vorgelegt. Der Befund: Die Dienstleistungsbranche boomt, die Industrieproduktion verliert seit 2008 an Boden. Der Export schwächelt, die Investitionen in Innovationen sind unterdurchschnittlich. Die Regionen entwickeln sich zudem höchst unterschiedlich. Südwestfalen und Osterwestfalen-Lippe florieren, das Münsterland verzeichnet Vollbeschäftigung, das Ruhrgebiet wächst immerhin überdurchschnittlich. In absoluten Zahlen beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner bleiben die Regionen Düsseldorf/Mettmann (ca. 60.000 Euro) und Köln/Bonn (ca. 43.000 Euro) trotz der geringeren Wachstumsdynamik landesweit Spitze.
Duin will den Jahreswirtschaftsbericht auch 2017 fortschreiben und dann wieder die Experten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) einbeziehen. Rot-Grün hatte den Jahreswirtschaftsbericht zunächst abgeschafft, nach dem Schock des Nullwachstums im vergangenen Jahr jedoch als eigene „Tiefenanalyse“ neu aufgelegt.