Istanbul. .

Türkische Jets und Artillerie haben in Nordsyrien erneut von Kurden angeführte Milizen angegriffen. Die Armee habe auf einen Ort unter der Kontrolle der Demokratischen Kräfte Syriens südlich der Grenzstadt Dscharablus gefeuert, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Ein Sprecher der syrischen Kurdenpartei PYD bestätigte den Angriff auf Tel al-Amarna südlich der Grenzstadt Dscharablus.

Bei den Demokratischen Kräften Syriens (SDF) handelt es sich um ein von der Kurdenmiliz YPG angeführtes Bündnis, das vor allem die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) bekämpft. Unterstützt wird es dabei von Luftangriffen der US-geführten internationalen Koalition.

Die Türkei fordert, dass sich die Kurden aus der Region um Dscharablus auf ein Gebiet östlich des Flusses Euphrat zurückziehen. Die türkische Armee und syrische Rebellen hatten den Grenzort in dieser Woche bei einer Bodenoffensive vom IS eingenommen. Die türkische Armee beschoss danach bereits am Donnerstagabend Stellungen der Kurden in Nordsyrien mit Artilleriegranaten.

Die erste türkische Bodenoffensive in Syrien seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren richtet sich gegen den IS und die YPG. Die Kurden kontrollieren in Nordsyrien bereits große Gebiete an der Grenze zur Türkei und haben dort eine Selbstverwaltung errichtet.

Die türkische Regierung will verhindern, dass die Kurden noch mehr Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Sie befürchtet Auswirkungen auf die kurdische Autonomiebestrebungen im eigenen Land. Die Kurdenpartei PYD und die Miliz YPG sind eng mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden, die von der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird.

Syrische Rebellen erklärten, sie hätten am Samstag südlich von Dscharablus mehrere Dörfer vom IS eingenommen. Sie rückten damit weiter auf Gebiet zu, das von Einheiten der SDF kontrolliert wird. Weiter östlich überquerten türkische Panzer bei der Stadt Kobane die Grenze. Sie begleiteten Baumaschinen, die auf syrischem Boden begannen, einen Graben auszuheben, wie ein Kurdensprecher berichtete. Die Türkei wolle eine Bockade über die Region verhängen.

Die USA und Russland verständigten sich unterdessen grundsätzlich über Schritte zu einer Waffenruhe zwischen Anhängern des Regimes und Rebellen, die sich in anderen Regionen Syriens gegenüberstehen. Besonders umkämpft ist dabei die nordsyrische Stadt Aleppo.

Allerdings müssten bis zu einer Waffenruhe noch eine Reihe von Einzelheiten geklärt werden, sagten die Außenminister beider Länder nach mehr als zwölfstündigen Verhandlungen in Genf. In diplomatischen Kreisen hieß es, trotz der langen Gespräche sei „lediglich ein kleiner gemeinsamer Nenner bestätigt worden“. Experten beider Länder sollten jetzt offene Fragen klären. „Wir wollen keine Vereinbarung, die nicht durchsetzbar wäre“, sagte US-Außenminister John Kerry bei einer Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow. Zu den offenen Fragen gehört nach Angaben beider Politiker das Vorgehen gegen terroristische Gruppierungen.

In Syrien tobt seit 2011 ein Bürgerkrieg, in den das Regime von Präsident Baschar al-Assad, etliche Rebellengruppen, die Kurden und der IS involviert sind. Der Konflikt hat nach UN-Angaben rund 400 000 Menschen das Leben gekostet und Millionen in die Flucht getrieben. Zudem leben 600 000 Menschen unter Belagerung.