Berlin. .
Im Kampf gegen steigende Mieten und Wohnungsknappheit in Großstädten will die Bundesregierung wieder stärker aktiv werden. Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) verlangt dafür eine Änderung der Verfassung: „Wir brauchen die Grundgesetzänderung, um als Bundesregierung wirksam dort helfen zu können, wo die Wohnungsnot am größten ist“, sagte Hendricks dieser Redaktion. Nur dann könne sich der Bund stärker beim Wohnungsbau engagieren. Der Bedarf sei so riesig, dass die Länder ihn nicht allein decken könnten.
Der Wohnungsbau ist derzeit Ländersache – von der Grundstücksvergabe bis hin zu den Bauvorschriften. Dies wurde 2006 festgelegt, als die Beziehungen zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz neu geordnet wurden. Zuvor lag die Zuständigkeit gemeinsam bei Bund und Ländern. Dies heißt, dass der Bund die Länder im sozialen Wohnungsbau nur noch bis 2019 finanziell unterstützen darf. Ab 2020 fallen diese Zuschüsse in Millionenhöhe weg.
Nach Schätzungen der Wohnungsbauwirtschaft fehlen bundesweit bis zu eine Million Wohnungen. Jährlich müssten mindestens 400 000 neue Wohnungen besonders in Ballungsräumen gebaut werden. Im Jahr 2015 wurden jedoch nur 247 700 Einheiten fertig. Es mangelt vor allem an Sozialwohnungen. Ihre Zahl sank von 2,57 Millionen im Jahr 2002 auf 1,4 Millionen im Jahr 2014.
„Wir brauchen dringend mehr bezahlbare Wohnungen in den Ballungsräumen“, sagte Hendricks. Das Bundesministerium habe seine Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 518 Millionen Euro in diesem Jahr auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 verdreifacht. Zudem wurde das Wohngeld für 860 000 Haushalte erhöht. Aus Sicht des Bauministeriums wäre es auch wünschenswert, wenn die Bauordnungen der Länder vereinheitlichen würden.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erwägt unterdessen eine Verschärfung der Mietpreisbremse. „Wenn es wirklich Rechtsbruch im größeren Stil gibt, dann werden wir darauf drängen, ins Gesetz zu schreiben, was die Union bisher blockiert hat: nämlich eine Pflicht des Vermieters, die Vormiete automatisch offenzulegen und einen Anspruch des Mieters, die zu viel gezahlte Miete rückwirkend bis zum Vertragsschluss zurückzubekommen“, sagte Maas dieser Redaktion. Er fordert Mieter auf, ihre Rechte durchzusetzen: Dies sei auch möglich, nachdem der Mietvertrag unterzeichnet sei. Der Mieter habe einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Vermieter, sagte Maas: „Wenn die verlangte Miete zu hoch ist, kann er sie reklamieren – und muss nur noch die zulässige Miete zahlen.“
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wurden die Mieten vor allem in Großstädten erhöht. Zwischen 2010 und 2016 sind die Mieten in Berlin um 26 Prozent, in München um 14 Prozent und in Hamburg um zwölf Prozent gestiegen. Im gesamtdeutschen Durchschnitt könnten sich die Deutschen aber immer größere Wohnungen leisten. Grund sei, dass die Einkommen stärker gestiegen sind als die Mieten. Im Schnitt kann ein Haushalt 94 Quadratmeter mieten, wenn er dafür ein Viertel seines Einkommens einsetzt. Das sind laut dem IW zwei Quadratmeter mehr als noch 2010.