Essen. Tausende Drohnen fliegen in NRW. Ärger machen vor allem Mini-Flieger mit Kamera an Bord. In Niedersachsen werden ihre Piloten regelrecht gejagt.
Drohnen boomen. Sie machen aber auch Ängste. Das bekommt die Düsseldorfer Landesregierung seit einiger Zeit zu spüren. Das Innenministerium geht automatisch in den Abwehr-Modus, wenn der CDU-Abgeordnete Robert Stein aus Hamm, ein Ex-Pirat, zur nächsten besorgten Frage ausholt.
Wie denn die Gefahrenlage in NRW durch den Einsatz von Drohnen mit angeklebten selbstgefertigten 3 D-Feuerwaffen eingeschätzt werde? „Keine Erkenntnisse“. Ob schon Drogen-Drohnen Rauschgift in die Haftanstalten des Landes transportiert hätten? „In Nordrhein-Westfalen sind keine Fälle bekannt“. Doch ganz geheuer ist dem Landespersonal die Entwicklung der autonom fliegenden Surrer doch nicht. Der Vizechef der Haftanstalt Köln-Ossendorf hat einräumen müssen, dass „vor Beginn der Freistunden die Höfe abgesucht werden, damit wir verbotene Gegenstände rechtzeitig entdecken können“.
Doppelt so viele Drohnen wie im Vorjahr
Tatsächlich steigt die Zahl der Aufstiegsgenehmigungen für die vom Boden gesteuerten fliegenden Untertassen in NRW dramatisch an. Die zuständigen Behörden - in Düsseldorf für das Rheinland und in Münster für Westfalen - haben nach Informationen unserer Redaktion 2015 für den Einsatz von 1100 neuen Fluggeräten das O.K.gegeben. Das ist gegenüber 2014 eine Verdoppelung - und ein Vielfaches von 2013. Auch für dieses Jahr ist kein Ende des Auftriebs für die Drohnen-Branche in Sicht: Seit Januar erteilten die Aufseher in Düsseldorf schon 390 Aufstiegserlaubnisse und die in Münster auch etwa so viel wie im Vorjahr.
Dabei geht es hier nicht um die kleinen Flieger, die ab 50 Euro im Onlineshop zu haben sind und die „für Zwecke des Sports und der Freizeitgestaltung“ gar keine staatliche Genehmigung brauchen. Sie gelten nur als Flugmodelle. Wiegen sie aber über fünf Kilo und werden für Luftbilder, die Kontrolle von Windenergieanlagen, die Überwachung von Industriebauten oder Überlandleitungen oder für TV-Aufnahmen genutzt, geht es nicht ohne Genehmigungen ab.
Ärger mit dem Datenschutz
Sind die großen denn gefährlich? Da geben die Behörden des Landes insgesamt Entwarnung. Die schweren Geräte, die meist von Firmen eingesetzt werden, teure Helikopter-Flüge ersetzen und mit denen auch schon mal ein Schaden an einer bekannten Dortmunder Stadtkirche begutachtet werden konnte, haben noch keine Zwischenfälle an Rhein und Ruhr provoziert. Ihr Einsatz ist strikt geregelt und darf nicht außer Sichtweite des Steuermanns am Boden erfolgen. Das Überfliegen von Verkehrsverbindungen und Menschenansammlungen ist verboten. Die Nähe zu Flughäfen ist innerhalb einer 1,5 Kilometer-Zone ohnehin tabu.
Doch die zahllosen kleinen Spielzeug-Copter gehen vielen Bürgern auf die Nerven – vor allem, wenn sie über Nachbars Grundstück kurven und die Bordkamera Liegestuhl- oder Pool-Bilder schießt. Beim Landesamt für Datenschutz sind wegen des Wildwests am Himmel die ersten Beschwerden eingetroffen. Sieben im Jahr 2015, drei weitere in den ersten Monaten diesen Jahres. Weit mehr werden wohl bei den Ordnungsämtern der Kommunen eingehen. Die Datenschützer müssen aber auch passen. „In den meisten Fällen war nicht zu erkennen, wer die Drohnen gesteuert hat und wem diese gehörten“. Eine Aufklärung sei für das Amt im Nachhinein nicht möglich, sagt Behördensprecher Daniel Strunk.
Gefahren durch Kollisionen
Ob das so bleibt? Im nördlich Nachbarland Niedersachsen gehen die Kollegen inzwischen härter vor. Weil sich „die Meldungen über eklatante Verstöße häufen“, durchforstet die Landesbehörde für Verkehr in Hannover das Internet oder die sozialen Netzwerke. Die Piloten der unregistrierten Mini-Drohnen neigen nämlich dazu, ihre Heldenauftritte ins Netz zu stellen. „Wir schauen uns oft die Bilder bei Google an und berechnen dann, wie hoch die Wolkenunterdecke an diesem Tag war“. Höher als 100 Meter dürfen die 50 Euro-Flieger nicht steigen. Wer das missachtet hat, wird via Internet ermittelt und erhält ein Bußgeld. In Hannover verschicken sie schon fünf pro Woche.
Die große Freiheit unter den Wolken dürfte sowieso bald vorbei sein, der Aufwand für die staatliche Kontrolle erheblich steigen. Die Bundesregierung will - nach Drängen der Deutschen Flugsicherung, die mit einer Verzehnfachung der Mini-Drohnen in den nächsten fünf Jahren rechnet – auch für diese eine Kennzeichnungspflicht einführen, sobald sie 500 Gramm Gewicht überschreiten. „Private Drohnen nehmen ständig zu“, begründet das Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). „Daraus entstehen neue Gefährdungspotenziale, zum Beispiel durch Kollisionen und Abstürze“.