Düsseldorf. . Nach der Armenien-Resolution werden auch türkischstämmige Landtagsabgeordnete massiv beleidigt und bedroht. Hetze sei auch ein Hinweis auf gescheiterte Integration
Nach dem Beschluss des Bundestags über eine Resolution zum historischen Völkermord an den Armeniern werden auch türkischstämmige Landtagsabgeordnete massiv beleidigt und bedroht.
„Ich bekomme regelmäßig anonyme Briefe und Mails, in denen ich als Vaterlandsverräter beschimpft werde“, sagte der Moerser SPD-Abgeordnete Ibrahim Yetim der WAZ. Auch die Kölner CDU-Politikerin Serap Güler sieht sich laufend verletzenden Kommentaren ausgesetzt: „Ich höre zum Beispiel, die türkeistämmigen Abgeordneten in Bundes- und Landtag hätten verdorbenes Blut. Oder man sagt mir, ich hätte schlechte Muttermilch aufgesogen.“ Der Bochumer SPD-Parlamentarier Serdar Yüksel berichtete sogar von Gewaltandrohungen: „Du bist kein Türke. Wenn wir dich packen, polieren wir dir die Fresse.“
Die NRW-Landtagsabgeordneten machen für die Anfeindungen eine systematische Beeinflussung der türkischstämmigen Gemeinschaft an Rhein und Ruhr durch die Regierungspartei AKP des umstrittenen Staatspräsidenten Erdogan verantwortlich. Vor allem die türkische Verbandsarbeit in Deutschland sieht man deshalb in Düsseldorf zunehmend kritisch. „Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) ist hier der verlängerte Arm der türkischen Regierungspartei AKP und beeinflusst die türkische Community massiv“, klagt Güler.
SPD-Mann Yüksel fordert, die staatliche Finanzierung der Erdogan-nahen Verbände durch den türkischen Staat zu unterbinden und verweist auf Österreich als Vorbild. Vor allem der türkisch-islamische Dachverband Ditib, der als Ansprechpartner für Moscheegemeinden und beim islamischen Religionsunterricht eine Schlüsselrolle einnimmt, steht unter verschärfter Beobachtung. Die türkischstämmigen Landtagsabgeordneten würden häufig dem Vorwurf ausgesetzt, sie träten nicht entschlossen genug für islamische Belange ein – obwohl sie gewählte deutsche Wahlkreis-Abgeordnete sind.
SPD-Parlamentarier Ibrahim Yetim wertet die Hetze auch als Hinweis auf gescheiterte Integration. Es sei erschreckend, dass sich junge, in Deutschland geborene Sprösslinge türkischer Einwandererfamilien die Erdogan-Kampagnen aus einem für sie eigentlich fremden Land so emotional zu eigen machten: „Es scheint eine Art Nationalstolz zu sein, den sie hier nicht haben können.“