Düsseldorf. Innenminister Jäger hat am Donnerstag die Einführung der umstrittenen Schulterkameras für Polizisten verkündet. Dabei war er selbst lange dagegen.

  • Wegen wachsender Gewalt gegen Polizisten sollen Beamte in NRW bald Bodycams tragen.
  • Zunächst wird ein Testphase mit den Mini-Kameras starten.
  • Die Gewerkschaft der Polizei zeigte sich erfreut über die geplante Erprobung.

Angesichts wachsender Gewalt gegen Polizisten sollen nun auch in Nordrhein-Westfalen Beamte in einem Modellversuch Bodycams testen. Sobald SPD und Grüne ihren dafür angekündigten Vorstoß umsetzen und der gesetzliche Rahmen geschaffen sei, werde die Landesregierung 200 Beamte damit ausstatten, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich erfreut über die geplante Erprobung in fünf Polizeibehörden, nannte NRW sogar "Vorreiter für andere Länder. "Die Einsatzkräfte sollen in dem Test laut Minister eine Minikamera an der Schulter tragen und einen kleinen Bildschirm auf der Brust. Wichtig sei eine "seriöse wissenschaftliche Begleitung" des Projekts und eine fundierte Auswertung. Jäger warnte aber in der Aktuellen Stunde zugleich davor, Bodycams als "Allheilmittel" zu überhöhen.

CDU im Landtag: Rot-Grün sieht Gewalt gegen Polizisten "tatenlos" zu

Die CDU im Landtag hatte zuvor der rot-grünen Regierung vorgeworfen, sie sehe der wachsenden Gewalt gegenüber Polizisten seit Jahren tatenlos zu. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Angriffe auf fast 14.000 Fälle besorgniserregend gestiegen, sagte Innenpolitiker Theo Kruse am Donnerstag in der Aktuellen Stunde des Parlaments. Gewalt gegen die Einsatzkräfte sei kein "Naturphänomen", sondern erfordere politisches Einschreiten.

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Die Landesregierung müsse endlich Bodycams einführen, forderte die CDU erneut. Die Minikameras an Brust oder Schulter könnten die Beamten schützen. Zudem verlangte Kruse, für Gewaltattacken gegen Polizisten solle eine Mindeststrafe im Strafgesetzbuch eingeführt werden. Die SPD hielt der CDU vor, ein Zerrbild zu zeichnen. Die Zahl der verletzten Polizisten sei von mehr als 1800 (2012) auf 1024 Einsatzkräfte im vergangenen Jahr gesunken.

Jäger war lange gegen Bodycams

Zuletzt hatten sich mehrere Bundesländer und die Bundespolizei zu einer Erprobung der kleinen Uniform-Kameras entschlossen. In NRW hatte sich Innenminister Jäger lange gegen Bodycams ausgesprochen, zeigte sich jedoch seit den Kölner Silvesterübergriffen offen für einen Testlauf. Es dürfe jedoch nicht „wahllos gefilmt“ werden, sondern allein zur Eigensicherung der Beamten, machte Jäger deutlich.

Als zu Wochenbeginn ein internes Lagebild des Landeskriminalamtes (LKA) an die Öffentlichkeit gelangte, demzufolge 2015 fast 14.000 Polizisten im Einsatz bedroht, beleidigt oder attackiert wurden, wuchs der Handlungsdruck für die Landesregierung weiter.

Gewerkschaften machten Druck

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte schon lange die Einführung von Bodycams. Es sein völlig unverständlich, dass den Beamten diese Handhabe gegen Schläger verwehrt würde, sagte GdP-Landeschef Arnold Plickert.

Vor allem die NRW-Grünen hegten bis zuletzt Vorbehalte gegen die Schulterkameras für Polizisten. Beim Landesparteitag Mitte April forderte die Ökopartei noch strengste Bedingungen für Bodycams in NRW. So müssten die kleinen Videokameras „nachweislich einen Sicherheitsgewinn“ für die Beamten bringen und dürften nur an Kriminalitätsschwerpunkten getragen werden.

Zudem müssten die Daten im Einsatz „verschlüsselt aufgezeichnet“ und „nur durch unabhängige Dritte“ ausgewertet werden. Wer die Hoheit über die Videoaufnahmen haben soll, ließen die Grünen zunächst offen. Betroffene Bürger sollen überdies nach einer Auseinandersetzung mit der Polizei „im Bedarfsfall Zugang zu den Aufzeichnungen erhalten“. (mit dpa)