Berlin. Wer bis zum Jahr 2030 nicht monatlich über 2000 Euro verdient, bekommt Probleme bei der Rente. Vielen Deutschen droht dann Altersarmut.

  • Wegen des sinkenden Rentenniveaus droht jedem zweiten Bundesbürger eine Rente unterhalb der Armutsgrenze.
  • Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei also kein Garant für einen finanziell abgesicherten Lebensabend, heißt es in der Untersuchung im Auftrag des WDR.
  • SPD-Chef Sigmar Gabriel hat eine umfassende Rentenreform in Aussicht gestellt, um drohende Altersarmut von Millionen Rentnern zu verhindern.

Jedem zweiten Bundesbürger droht einer WDR-Untersuchung zufolge wegen des sinkenden Rentenniveaus eine Rente unterhalb der Armutsgrenze. Von Altersarmut bedroht seien 25,1 Millionen Menschen von insgesamt 53,7 Millionen künftigen Rentnern, teilte der Sender am Dienstag mit. Ursache dafür seien nicht nur niedrige Löhne etwa im Einzelhandel oder im Gastgewerbe, sondern auch die hohe Zahl von Teilzeitbeschäftigten, Solo-Selbständigen oder Mini-Jobbern. Gerade in diesen Gruppen sei das künftige Armutsrisiko im Alter massiv, hieß es.

Um im Jahr 2030 eine Rente über dem Grundsicherungsniveau zu bekommen, müsste ein Arbeitnehmer nach heutigem Stand 40 Jahre lang ununterbrochen pro Monat mindestens 2097 Euro brutto verdienen, errechnete der WDR. Diesen Durchschnittswert erreichten heute allerdings lediglich 38 Prozent der Arbeitnehmer. Das bedeute im Umkehrschluss, dass 13,6 Millionen aller abhängig Beschäftigten Gefahr laufen, im Alter mit ihrer gesetzlichen Rente nicht über das Grundsicherungsniveau hinaus zu kommen.

Private Altersvorsorge für viele zu teuer

Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei also kein Garant für einen finanziell abgesicherten Lebensabend, hieß es. Zumal auch die private Altersvorsorge beim Schließen dieser Lücke nur bedingt helfen könne. Denn viele der von der Altersarmut bedrohten Menschen könnten es sich während ihres Arbeitslebens nicht leisten, Geld fürs Alter anzusparen.

Das Armutsniveau eines Rentners wird unterschritten, wenn er über ein Einkommen verfügt, das unterhalb der gesetzlichen Grundsicherungsgrenze liegt, wie der WDR erläuterte, der für die Recherche auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zurückgriff. Richtschnur für die Armutsgrenze im Alter sei der heute gültige Regelsatz für Alleinstehende zuzüglich eines durchschnittlichen Mietzuschusses. Zudem seien auch die Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt worden, so dass unter dem Strich ein Betrag von 840 Euro steht. Bei der Berechnung der Rentenhöhe orientierte sich der Sender nach eigenen Angaben am Rentenniveau von 43,5 Prozent, das im Jahr 2030 erreicht sein wird.

Wirtschaftminister Gabriel arbeitet an Reform

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat eine umfassende Rentenreform in Aussicht gestellt, um drohende Altersarmut von Millionen Rentnern zu verhindern – er will dies auch zu einem Wahlkampfthema zur Bundestagswahl 2017 machen. „Das Niveau der gesetzlichen Rente darf nicht weiter sinken, sondern muss auf dem jetzigen Niveau stabilisiert werden“, sagte Gabriel unserer Redaktion. Wenn die CDU/CSU dies nicht mitmache, „wird die SPD das spätestens zur Bundestagswahl zur Abstimmung stellen“, kündigte Gabriel an.

Mit seinem Vorstoß stellt der Parteichef eine frühere Rentenreform der rot-grünen Bundesregierung infrage: Das Niveau der gesetzlichen Rente von derzeit knapp 48 Prozent des Durchschnittslohns könnte nach aktueller Gesetzeslage bis 2030 auf 43 Prozent sinken. Gabriel warnte: „Viel zu viele Menschen haben in den letzten 20 Jahren zu wenig verdient. Wenn das Rentenniveau weiter sinkt, droht ihnen Altersarmut.“ Um dies zu verhindern, sei eine „gerechte Anpassung“ der Rentenformel notwendig. „Es ist unsere moralische Pflicht, das Rentenniveau in Zukunft zu sichern“, erklärte Gabriel. „Niemand darf nach lebenslanger und zum Teil harter Arbeit in die Altersarmut rutschen.“

Mindestrente als Lösung

Gabriel bekräftigte zugleich die bereits verabredeten Pläne für eine solidarische Lebensleistungsrente und für eine Reform der Betriebsrenten, die zur Zeit unter der Niedrigzinsphase litten: Die Mindestrente für langjährig Versicherte werde kommen – wer 40 Jahre Vollzeit gearbeitet habe, müsse mehr Rente bekommen als jemand, der nicht gearbeitet habe. Gabriel erneuerte mit seiner Ankündigung den Anspruch der SPD, „Schutzmacht der kleinen Leute“ zu sein. „Wir werden im nächsten Bundestagswahlkampf für gute Renten und gegen Altersarmut kämpfen“, sagte er.(EPD/chk)