"Olaf"-Truppe macht in Brüssel Jagd auf Betrug und Korruption von Beamten und Abgeordneten.Jetzt verdonnerte das EU-Gericht die Ermittler zum Schweigen. Damit entfällt ein wichtiges Druckmittel: Öffentlichkeit
Brüssel. Die Brüsseler EU-Ermittlertruppe "Olaf" hat vom Europäischen Gerichtshof einen Maulkorb bekommen. Die 400 Ermittler von "Olaf", die gegen betrügerisch handelnde EU-Beamte und Abgeordnete des Europäischen Parlaments zuschlagen dürfen, fürchten um ihre Schlagkraft. Sie könnten nicht mehr preisgeben, ob und warum sie ihre Ermittlungen führen. Der deutsche "Olaf"-Chef Franz-Hermann Brüner - am Mittwoch noch mit dem Europäischen Steuerzahlerpreis geehrt - schlug Alarm. "Olafs" mächtige Waffe werde stumpf: öffentlichen Druck gegen Betrug, Abzockerei von EU-Subventionen und Vetternwirtschaft aufzubauen.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte in erster Instanz am 8. Juli ein kaum beachtetes, aber sensationelles Urteil gefällt. Es bezog sich auf "Olaf"-Ermittlungen gegen den ehemaligen Chef des EU-Statistikamtes Eurostat in Luxemburg, Yves Franchet, und seinen Vize, Daniel Byk. Der Franzose Franchet hatte als Amtsleiter Verträge zwischen Eurostat und seinen eigenen Privatfirmen eingefädelt und abgeschlossen. Schwarze Kassen und Geheimkonten wurden bei Eurostat angelegt, um EU-Gelder am offiziellen Haushalt des Amtes vorbei zu schleusen und zu tarnen. Diesem Treiben waren die "Olaf"-Ermittler auf die Spur gekommen.
Als die Öffentlichkeit davon erfuhr, weil Journalisten an einige der Dokumente gelangt waren, gab es 2003 einen Aufschrei aller Parteien im EU-Parlament. Fast wären der damalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und EU-Finanzkommissar Pedro Solbes über die Affäre gestürzt, weil sie die Oberaufsicht über Eurostat und die Herren Franchet und Byk hatten.
Die "Olaf"-Ermittler wurden in höchsten Tönen gelobt. Trotzdem verurteilte das EU-Gericht die Anti-Betrugseinheit nun zu einem Schmerzensgeld von 56 000 Euro. Begründung: weil sich "die Herren Franchet und Byk ungerecht behandelt gefühlt haben und dass durch dieses rechtswidrige Verhalten ihre Ehre und ihr beruflicher Ruf Schaden genommen haben". Der "Grundsatz der Unschuldsvermutung" sei verletzt worden. "Olaf"-Chef Brüner ist "empört" über das Urteil: Es werde "unsere Aktivitäten in der Zukunft begrenzen".