Genf. Erst am 25. Februar wollen die Vereinten Nationen die Friedensverhandlungen in Genf fortsetzen. Gescheitert seien sie aber noch nicht.
Noch am Anfang der Woche zeigten sich die Diplomaten ganz zufrieden. Die Syrien-Friedensgespräche in Genf waren zwar mit Verspätung gestartet, sie kamen auch nur in Trippelschritten voran - aber immerhin, es wurde überhaupt geredet. Allein das, so hieß es aus diplomatischen Kreisen, sei schon mehr, als zu erwarten gewesen sei. Doch die Nachricht, die der erfahrene UN-Sondervermittler Staffan de Mistura am Mittwochabend verkündete, bedeutet für das zähe Ringen um einen Frieden nach fünf Jahren blutigem Bürgerkrieg einen neuen Rückschlag: Die Gespräche werden auf Ende Februar vertagt.
In den Stunden zuvor schien diese Entwicklung zwar nicht wahrscheinlich, aber doch möglich. Bereits am Dienstag hatte die Opposition ein für den Nachmittag geplantes Treffen mit de Mistura im UN-Gebäude auf unbestimmte Zeit vertagt. Es war eine Reaktion auf den Vormarsch der syrischen Armee nördlich der syrischen Metropole Aleppo, deren wichtigste Versorgungsroute die Anhänger von Präsident Baschar al-Assad nun gekappt haben. Möglich war dieser Erfolg des Regimes vor allem, weil russische Flugzeuge massive Angriffe flogen.
Die einen verhandeln, die anderen feuern
Für die Gegner des Machthabers bedeutet dieser Vormarsch eine ihrer schwersten militärischen Niederlagen, die auch den Druck auf die Unterhändler in Genf stark erhöhte. Bestätigt durften sich all diejenigen sehen, die eine Abreise aus Genf forderten, weil sie nicht an die Verhandlungsbereitschaft des Regimes glauben. Während in der Schweiz über Frieden geredet werden solle, ließen Regime und Russland die Gewalt im Land eskalieren, wetterte die Opposition. Und die internationale Gemeinschaft schaue tatenlos zu.
Am Dienstagabend saßen dann Diplomaten der internationalen Gemeinschaft und Berater de Misturas in einem Fünf-Sterne-Hotel am Genfer See über Stunden mit Vertretern des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Regimegegner zusammen, um über die kritische Lage zu beraten. Einen Tag später stattete auch de Mistura selbst den Regimegegnern dort einen Besuch ab - und kam offenbar zu der Erkenntnis, dass eine Verschiebung der Gespräche unumgänglich ist.
Staffan de Mistura so gut wie machtlos
Für den Diplomaten ist die Vertagung auch ein Eingeständnis seiner eigenen Machtlosigkeit. Seine Strategie war es bisher, erst einmal getrennt mit den tief verfeindeten Kriegsparteien ins Gespräch zu kommen, um so mit großer Geduld und Ausdauer den Boden für direkte Verhandlungen zu bereiten. Sechs Monate hat er für den gesamten Prozess eingeplant. Mindestens.
Die Regimegegner ließen jedoch seit ihrer Anreise am Wochenende keine Gelegenheit aus, um ihre Vorbedingungen für Verhandlungen mit dem Regime zu untermauern: Erst müssten die Blockaden von Städten durch das Regime enden und außerdem die syrischen und russischen Luftangriffe auf Zivilisten aufhören. Sie berufen sich dabei auf eine im Dezember verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrates.
Ein Waffenstillstand aber, so räumte de Mistura ein, müsse von anderen Mächten ausgehandelt werden – vor allem von Russland und den USA. Es gebe noch mehr Arbeit zu tun, erklärte er am Mittwochabend: „Nicht nur von uns, wir haben unseren Teil erfüllt, sondern von den Interessenvertretern, die uns gesagt haben: Startet diese Initiative.“
Assad-Regime profitiert
Profitieren dürfte von der Entwicklung das Regime. Vor allem mit der russischen Luftunterstützung, aber auch mit iranischer Hilfe hat Assads Armee in den vergangenen Wochen wichtige Geländegewinne im Bürgerkrieg erzielt. Das Regime sieht sich militärisch wieder in der Oberhand - was in Genf seine Bereitschaft geschmälert haben dürfte, sich auf Verhandlungen einzulassen.
Gelingt es dem Regime jetzt, die von Rebellen gehaltenen Gebiete der Metropole Aleppos ganz von der Außenwelt abzuschneiden, könnten seine Vertreter aus einer noch stärkeren Position verhandeln - sollten die Gespräche in Genf Ende Februar tatsächlich wieder aufgenommen werden. (dpa)