Essen. . Die Integrationspolitik im Norden von Essen gilt bei vielen als gescheitert. SPD-Ratsherr Guido Reil zettelte stadtweite Debatte an.

Es gärt schon länger in der Essener SPD, die immerhin einen der wichtigsten Unterbezirke der Regierungspartei von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft darstellt. SPD-Landesvize Britta Altenkamp ist lokale Chefin der Essener Sozialdemokraten, Justizminister Thomas Kutschaty ihr Stellvertreter. Wenn Dortmund als Herzkammer der Partei gilt, ist Essen mindestens der Vorhof.

Zuletzt hatte Ratsherr Guido Reil eine stadtweite Debatte über die gescheiterte Integration von arabischstämmigen Migranten angezettelt. Reil, ein seit vielen Jahren engagierter Bergmann aus Karnap mit Talent zum Klartext, räumte in einem WAZ-Interview mit allerlei vermeintlichen Lebenslügen der SPD-Funktionäre auf. Sein Wort hat Gewicht: Im Norden, wo Reil zu Hause ist, fahren die Sozialdemokraten seit Jahrzehnten Mehrheiten ein.

Reil berichtete von einer rundweg gescheiterten Integration im Essener Norden, wo der Migrantenanteil schon heute bei 40 Prozent liegt. Als früherer ehrenamtlicher Richter am Landgericht habe er libanesische Clans kennengelernt, „die uns und dieses Land verachten und uns auslachen, unserer Sozialgesetze ausnutzen, das ist haarsträubend“.

Reil: Wie soll Integration gelingen?

Reil sieht deshalb auch für die Integration von Tausenden syrischer Flüchtlinge in Essen schwarz: „Bisher ist es uns kaum gelungen, Menschen aus dem arabischen Kulturkreis zu integrieren. Warum soll das demnächst besser klappen, wenn die Rahmenbedingungen wegen der großen Zahl von Flüchtlingen sogar schlechter werden?“, fragte er provokant. Endstation Hartz IV? Viele in der SPD dächten wie er, versicherte Reil. Die Partei müsse sich wieder darauf besinnen, „was sie groß gemacht hat: als Volkspartei die Interessen der arbeitenden Menschen zu vertreten“.

Trotz der lebhaften Debatte, die das Interview auslöste, reagierte die SPD-Spitze in bester Funktionärsmanier: Parteichefin Altenkamp wollte Reil zurückpfeifen, fand aber im eigenen Vorstand keine Mehrheit. Ihre Autorität hat ohnehin gelitten. Bei der Kür des Oberbürgermeister-Kandidaten im vergangenen Jahr hatte sich die Essener SPD schwer blamiert. Altenkamp hatte den damaligen SPD-Amtsinhaber Reinhard Paß als unfähige Fehlbesetzung hingestellt, konnte sich mit einer Alternativkandidatin jedoch parteiintern nicht durchsetzen. Die OB-Wahl gewann schließlich klar CDU-Mann Thomas Kufen.