Berlin. Wolfgang Schäuble will die Flüchtlingskrise mit einer europaweiten Benzinsteuer finanzieren – die CDU-Spitze hält allerdings davon.
Ein provokanter Vorschlag: Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hat Wolfgang Schäuble (CDU) die Einführung einer Flüchtlingsabgabe innerhalb der EU vorgeschlagen. Eine zusätzliche Sonderabgabe auf Benzin solle die nötigen Finanzen aufzubringen. „Ich habe gesagt, wenn die Mittel in den nationalen Haushalten und dem europäischen Haushalt nicht ausreichen, dann lass uns zum Beispiel vereinbaren, dass wir eine Abgabe auf jeden Liter Benzin in einer bestimmten Höhe erheben“, sagte der Bundesfinanzminister der „Süddeutschen Zeitung“ am Samstag.
Um den Flüchtlingszuzug einzudämmen, dürfe keine Anstrengung gescheut werden. „Warum sollen wir das nicht europäisch verabreden, wenn die Aufgabe so dringend ist? Wir müssen die Schengen-Außengrenzen jetzt sichern. Die Lösung dieser Probleme darf nicht an einer Begrenzung von Mitteln scheitern.“
Reaktionen aus den Parteien
Schäuble zeigte sich bereit, dabei zunächst mit einigen EU-Ländern voranzugehen. „Wenn irgendeiner nicht bereit ist, was zu bezahlen, bin ich trotzdem bereit, es zu tun. Dann bilden wir eine Koalition der Willigen.“
Kritik an Schäubles Vorschlag kam aus der eigenen Partei. „Es ist nicht vertretbar, dass deutsche Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind, nun die Zeche zahlen sollen“, erklärte CDU-Vizechefin Julia Klöckner am Samstag. Dies gelte „gerade für das Pendlerland Rheinland-Pfalz.“ Nach Telefonaten mit der CDU-Chefin Angela Merkel und Schäuble selbst legte sie nach: „Eine zusätzliche Benzinsteuer wird es in Deutschland nicht geben. „An Solidarität der Bürgerinnen und Bürger bei der Finanzierung drängender Aufgaben in der Flüchtlingskrise mangelt es nun wirklich nicht.“
Klöckner ist auch Spitzenkandidatin der CDU bei der rheinland-pfälzischen Landtagswahl. Diese findet im März statt. Sie erklärte weiter: „Ich bin angesichts der guten Haushaltslage des Bundes strikt gegen jede Steuererhöhung. Dafür gibt es nicht den geringsten Anlass.“
SPD-Vizechef Ralf Stegner warf Schäuble vor, mit seinem Vorstoß der rechtspopulistischen AfD in die Hände zu spielen. „Eine Sondersteuer für die AfD ist das Letzte, was wir brauchen“, sagte Stegner der Nachrichtenagentur Reuters. „Genauso würde der Vorschlag von Herrn Schäuble aber wirken, wenn wir von den Bürgern eine Sonderabgabe für Flüchtlinge fordern.“ Die SPD wolle die Gesellschaft zusammenhalten „statt sie mit einer neuen Flüchtlingsmaut a la Schäuble zu spalten“.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, twitterte: „Klüger wäre es endlich die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. Da hat #Schäuble seit 3 Jahren nicht geliefert.“
Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht twitterte: „Schäuble dreht durch: Statt Reiche sollen Autofahrer für Flüchtlinge zahlen. Besser kann man pol Klima nicht vergiften.“
Der ADAC erklärte: „Nur weil der Sprit momentan günstig ist, ist das noch kein Grund hier an der Preisschraube zu drehen.“ Es sei auch keine Lösung wieder einmal nur die Autofahrer zur Kasse zu bitten. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) forderte von der Bundesregierung eine stringent geplante Finanzierung derFlüchtlingspolitik, bevor über eine neue Zwangsabgabe diskutiert werde.
2015 waren Benzin und Diesel so günstig wie seit Jahren nicht, die Ölpreise sind weiter im Fall. Allerdings sinkt der Tankstellenpreis nicht so schnell wie der Ölpreis, weil auf den Kraftstoffpreisen stets die Mineralöl- und Mehrwertsteuer lastet. Nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes machte die Steuer im vergangenen Jahr durchschnittlich 87 Cent je Liter bei Benzin und 65 Cent bei Diesel aus. (jha/dpa/rtr)