Düsseldorf.. Die Opposition fordert den Rücktritt von Ralf Jäger und beantragt eine Sondersitzung des Landtags zur Inneren Sicherheit in NRW.
Die Affäre um die Kölner Silvesterexzesse erreicht nun auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Knapp zwei Wochen nach dem massenhaften sexuellen Übergriffen bedrängte die Opposition die Regierungschefin, Innenminister Ralf Jäger (SPD) vom Amt zu entbinden.
„Die Ministerpräsidentin hätte ihn längst entlassen müssen, weil die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen nicht mehr gewährleistet ist“, sagte FDP-Landeschef Christian Lindner. CDU-Landeschef Armin Laschet nahm die jüngste Bildung von Bürgerwehren und den verstärkten Kauf von Pfefferspray als Beleg für die „große Verunsicherung“ vieler Menschen.
Untersuchungsausschuss angedroht
Voraussichtlich bereits am Donnerstag soll Kraft in einer Sondersitzung des Landtags dem Parlament Rede und Antwort stehen. „Dann ist die Ministerpräsidentin nicht mehr auf Talk-Shows angewiesen“, sagte Laschet. Kraft hatte am Montag in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ erstmals ausführlicher Stellung bezogen. Dabei hatte sie ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass Hunderte Frauen von einem Mob mit Migrationshintergrund „begrapscht“ worden waren.
Die Opposition droht weiter mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum fehlgeschlagenen Polizeieinsatz. Nach Jägers Bericht seien weitere Widersprüche und Fragen aufgetaucht, die einen PUA wahrscheinlicher machten, sagte Laschet. Da Untersuchungsausschüsse einen langen Vorlauf haben, soll sich Kraft zunächst kurzfristig in der Sondersitzung vor den Abgeordneten erklären.
Eine formelle Rücktrittsforderung an Minister Jäger behält sich die Opposition für den Fall vor, dass Jäger ein „politisches und charakterliches Versagen“ nachgewiesen werden kann. Schon jetzt sprechen CDU und FDP von einer „Zäsur in der innenpolitischen Debatte in Deutschland“. Jäger habe einen massiven Vertrauensverlust der Bürger in den Rechtsstaat zu verantworten. Es sei beschämend, dass er als oberster Dienstherr „alle Schuld allein auf die Polizei ablädt“, kritisierte Lindner.
Thema vor der Landtagswahl
Jäger wird vor allem angelastet, bereits am Neujahrsmorgen über den Silvestereinsatz informiert gewesen zu sein, die Falschmeldung der Kölner Polizei über eine entspannte Einsatznacht aber nicht korrigiert zu haben. „Drei Tage Nichtstun ist auch Verantwortung des Ministers“, so Laschet. Zudem hat das Kölner Präsidium offenbar nicht eigenmächtig entschieden, die Herkunft der Tatverdächtigen zunächst zu verschleiern. Ein Runderlass aus dem Jahr 2008 hält die Beamten an, „zum Schutz nationaler Minderheiten vor Diskriminierungen“ solche Angaben zu vermeiden.
Lindner warf dem Innenminister ebenfalls vor, zu lange am Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers festgehalten zu haben. Trotz zahlreicher Skandale habe er stets „schützend seine Hand über seinen Parteifreund Albers gehalten“. Die Opposition bezeichnet Jäger inzwischen als „Sicherheitsrisiko“. Die steigende Einbruchskriminalität oder immer neue Meldungen über Banden-Kriminalität und „No-Go-Areas“, in der die Polizei das Recht nicht mehr durchsetzen kann, seien alarmierend.
Spätestens ein Untersuchungsausschuss zur Kölner Chaos-Nacht dürfte die Innere Sicherheit zum zentralen Thema für die Landtagswahl 2017 machen. Die Opposition bekäme das Recht auf Akteneinsicht und hätte die Möglichkeit, über Monate prominente Zeugen wie Ministerpräsidentin Kraft, Innenminister Jäger oder den geschassten Kölner Polizeipräsidenten Albers zu befragten. Auch die eingesetzten Polizisten könnten geladen werden. Da Zeugen im Untersuchungsausschuss zum Erscheinen und zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet sind, würden Versäumnisse und Verantwortlichkeiten bis nahe an den Wahltermin im Mai 2017 ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt.