Berlin. Für sein Bild weinender Flüchtlingskinder hat der Fotograf Georgi Licovski von Unicef den Preis für das „Foto des Jahres“ erhalten.

Das Mädchen weint bitterlich, es hält die Hand des kleinen Jungen neben sich: Fotograf Georgi Licovski hat mit seinem Bild von Kindern an der griechisch-mazedonischen Grenze das „Unicef-Foto des Jahres 2015“ gemacht. Das Kinderhilfswerk ehrte den mazedonischen Journalisten am Donnerstag in Berlin. Licovski hatte am 21. August festgehalten, wie zwei Kinder zwischen drängenden Menschen und Grenzsoldaten von ihren Angehörigen getrennt wurden.

„In ihren Gesichtern, in jeder Faser ihres Körpers ist die schiere Verzweiflung dieser beiden Kinder zu erkennen“, sagte Unicef-Schirmherrin Daniela Schadt. Um das Herz der Grenztruppen zu erweichen, hätten verzweifelte Flüchtlinge ihre Kinder in die erste Reihe geschickt. Dabei seien sie von ihren Begleitern getrennt worden. Die Grenzsoldaten wirkten etwas ratlos.

Die Aufnahme enthalte wie bei einem Brennglas das Drama der Flüchtlingskrise aus der Perspektive der Kinder. „Zugleich hält es Europas Dilemma und Europas Verantwortung in einem Blick fest“, sagte die Lebensgefährtin des Bundespräsidenten.

Unicef-Foto des Jahres: Die Siegerbilder

Sadegh Souri konnte 13- bis 18-jährige Delinquentinnen in einem Jugendgefängnis bei Teheran im Iran fotografieren. Manchen droht sogar die Todesstrafe.
Sadegh Souri konnte 13- bis 18-jährige Delinquentinnen in einem Jugendgefängnis bei Teheran im Iran fotografieren. Manchen droht sogar die Todesstrafe. "Kein Erbarmen mit den Kindern" bekam eine lobende Erwähnung. © Sadegh Souri
Jungen, die nach Herzenslust Mädchen sein dürfen: Lindsay Morris fotografierte bei einem Camp für so genannte geschlechtsvarianten Kinder: Kinder mit dem Gefühl, mal im richtigen, mal im falschen Körper zu stecken- Ihre sensible Arbeit über „gender-nonconforming children“erschien im New York Times Magazine und in GEO und brachte ihr eine lobende Erwähnung ein.
Jungen, die nach Herzenslust Mädchen sein dürfen: Lindsay Morris fotografierte bei einem Camp für so genannte geschlechtsvarianten Kinder: Kinder mit dem Gefühl, mal im richtigen, mal im falschen Körper zu stecken- Ihre sensible Arbeit über „gender-nonconforming children“erschien im New York Times Magazine und in GEO und brachte ihr eine lobende Erwähnung ein. © Lindsay Morris
Frauen und Kinder auf der Flucht nach einem Angriff. Die US-amerikanische Fotografin Adriane Ohanesian dokumentiert seit 2010 das Schicksal der Menschen in Darfur – einer Kriegsregion, die wegen der vielen anderen Krisenherde kaum noch die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf sich zieht.
Frauen und Kinder auf der Flucht nach einem Angriff. Die US-amerikanische Fotografin Adriane Ohanesian dokumentiert seit 2010 das Schicksal der Menschen in Darfur – einer Kriegsregion, die wegen der vielen anderen Krisenherde kaum noch die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf sich zieht. "Der vergessene Krieg" bekam eine lobende Erwähnung. © Adriane Ohanesian
Ebenso
Ebenso "Die Sehnsucht nach dem Erwachsenwerden". Die hat die Studentin Megan Chloe Lovell bei ihrer Schwester festgehalten, die es gar nicht erwarten kann, groß zu sein und doch ein Kind ist. © Megan Chloe Lovell
Syrische Flüchtlinge versuchen dem Strahl eines türkischen Wasserwerfers zu entkommen. Für
Syrische Flüchtlinge versuchen dem Strahl eines türkischen Wasserwerfers zu entkommen. Für "Flucht durch den Stacheldraht" gab es eine lobende Erwähnung. © BULENT KILIC/AFP
Die afghanische Fotografin Rada Akbar hat arbeitende Kinder in ihrem Heimatland porträtiert. Jungen und Mädchen. Für winzige Beträge verrichten sie schwere Arbeit und träumen von einer Zukunft als Pilot, Arzt oder Lehrer.
Die afghanische Fotografin Rada Akbar hat arbeitende Kinder in ihrem Heimatland porträtiert. Jungen und Mädchen. Für winzige Beträge verrichten sie schwere Arbeit und träumen von einer Zukunft als Pilot, Arzt oder Lehrer. © Rada Akbar
Kinder, die in den iranischen Bergen jeden Weg auf sich nehmen, um etwas zu lernen. In Klassenzimmern , die so winzig wie Hühnerställe oder auch mal ein Stück Erde im Wald, entstand die Serie
Kinder, die in den iranischen Bergen jeden Weg auf sich nehmen, um etwas zu lernen. In Klassenzimmern , die so winzig wie Hühnerställe oder auch mal ein Stück Erde im Wald, entstand die Serie "Kein Weg zu weit". Dafür gab es auch eine lobende Erwähnung. © Mohammad Golchin
"Endlich mal die Väter" will Johan Bävman zeigen. Er hat den Alltag von Männer dokumentiert, die für ihre Kinder mindestens sechs Monate aus dem Beruf ausgestiegen sind. Er will mehr Männer animieren. Die Unicef fand für ihn eine lobende Erwähnung. © Johan Bävman
Badruddin musste nach einem israelischen Angriff die Leber entfernt werden, seine Mutter und vier Geschwister starben, seinem Vater wurde ein Arm amputiert.
Badruddin musste nach einem israelischen Angriff die Leber entfernt werden, seine Mutter und vier Geschwister starben, seinem Vater wurde ein Arm amputiert. "Was Badruddin aushalten muss", fotografierte Heidi Levine im Gaza-Streifen. Unicef sprach ihm den dritten Platz zu und kommentiert: "Es gibt keinen Krieg, der Kinder verschont." © Heidi Levine
Den zweiten Platz gab es für „Wo die Kinder schlafen“. Hinter dem unscheinbaren Titel verbergen sich Horrorgeschichten aus syrischen Städten und von der Flucht. Das Foto zeigt die fünfjährige Lamar in einem Wald in Serbien.
Den zweiten Platz gab es für „Wo die Kinder schlafen“. Hinter dem unscheinbaren Titel verbergen sich Horrorgeschichten aus syrischen Städten und von der Flucht. Das Foto zeigt die fünfjährige Lamar in einem Wald in Serbien. © Magnus Wennman/Aftonbladet
Das „Unicef Photo of the Year 2015“ ist von  Georgi Licovski. Es zeigt weinende Kinder im Flüchtlingsstrom, die an der mazedonischen Grenze von der Eliteiinheiten der Polizei aufgehalten werden.
Das „Unicef Photo of the Year 2015“ ist von Georgi Licovski. Es zeigt weinende Kinder im Flüchtlingsstrom, die an der mazedonischen Grenze von der Eliteiinheiten der Polizei aufgehalten werden. © dpa
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Ethik-Debatte um Foto eines ertrunkenen Flüchtlingskindes

In diesem Jahr haben Bilder der Flüchtlingskrise öffentliche Debatten nach sich gezogen. Das Foto des syrischen Jungen Aylan, der leblos an die Küste der Türkei gespült worden sei, habe eine Ethikdiskussion ausgelöst, sagte Unicef-Vorstandsmitglied Peter-Matthias Gaede. War die Veröffentlichung respektlos? Man könne niemanden seine Gefühle beim Betrachten vorschreiben. Es sei aber auch klar: „Wir brauchen Bilder, auch wenn diese Bilder mitunter sehr wehtun.“

Fotos illustrierten das Leid und machten aus einer Statistik „Kinder, die tapfer sein müssen und schon so vieles verloren haben“, sagte Gaede. Nach Schätzung von Unicef sind weltweit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht, jeder zweite ist ein Kind oder ein Jugendlicher. Bei dem internationalen Fotowettbewerb von Unicef gingen rund 900 Bilder ein, viele zeigen Flüchtlinge.

Erschöpfte Kinder auf der Flucht schlafen im Wald oder an Bahnhöfen

Den zweiten Platz machte der Schwede Magnus Wennman, der für die Zeitung „Aftonbladet“ schlafende Kinder fotografierte. Mädchen und Jungen im Nahen Osten und auf dem Weg nach Europa liegen erschöpft im Wald, an Bahnhöfen, auf alten Matratzen. Hinter seiner Reportage „Wo die Kinder schlafen“ seien Horrorgeschichten verborgen, heißt es in der Bewertung.

Die US-amerikanische Fotografin Heidi Levine wurde mit dem dritten Preis geehrt. Die in Jerusalem lebende Journalistin zeigt einen Jungen mit einer Narbe am Bauch. Neben ihm steht sein Vater, der im Gazakrieg einen Teil seines Arms verloren hat. Beide seien Opfer eines Bombenangriffs geworden, heißt es in der Erklärung zum Bild. Die Mutter und vier Geschwister seien gestorben.

Wettbewerbsgewinner Licovski erklärte, es sei nicht einfach gewesen, Bilder von Menschen zu machen, die ihre Heimat verloren hätten. Anfangs seien nachts nur vereinzelt Menschen über die Grenze gekommen. Dann seien es mehr geworden. 2000 bis 3000 Menschen hätten versucht, sich in einen Zug mit 300 Plätzen zu quetschen. Eine Mutter sei zum Beispiel an der Tür von ihrem Kind getrennt worden, sagte der Fotograf. Von solchen Szenen träume er noch heute. (dpa)