Essen. . Der Terror von Paris ängstigt viele junge Menschen. Lehrerverbände ermutigen Pädagogen, politisch brisante Themen im Unterricht zu behandeln

Normaler Unterricht? In den Schulen an Rhein und Ruhr ist daran im Moment kaum zu denken. Die Zeiten sind eben nicht „normal“, die Nachrichten aus Paris verunsichern zahlreiche junge Menschen zutiefst. Sie suchen Rat und Halt, auch bei ihren Lehrern. „Manche Kinder verspüren Existenzängste. Sie haben Angst vor Krieg, weil dieses Wort immer wieder in den Nachrichten genannt wird“, sagt Birthe Wenski, Vertrauenslehrerin an der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Oberhausen.

Das Bedürfnis der Schüler, über den Terror zu reden, ist groß, und keine Schule in NRW kann da einfach zur Tagesordnung übergehen. An der Böll-Schule wurden zum Beispiel Plakate hergestellt, um Solidarität mit Frankreich auszudrücken. Darauf steht in acht Sprachen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ – die bekannteste Parole der Französischen Revolution.

Aufgabe der Lehrer, Terror zu erklären

Terror in Paris„Unsere Rückmeldungen aus den Schulen belegen eine große Offenheit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das sehen wir etwa daran, dass viele Klassen an der landesweiten Schweigeminute teilgenommen haben“, sagte Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in NRW, dieser Zeitung.

Grundschulkinder müssten die Gelegenheit bekommen, über ihre Ängste zu sprechen. In den weiterführenden Schulen sei es hingegen „Aufgabe der Lehrer zu erklären, wie es zu solch extrem gewalttätigen Verhaltensweisen kommt. In den Fächern Geschichte, Religion oder Sozialkunde lassen sich diese Fragestellungen gut aufgreifen.“ Der Umgang mit Extremismus und Rassismus gehöre sowieso zum Lehrprogramm an weiterführenden Schulen. Der VBE-Chef mahnt aber vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Herkunft und Religion der Schüler Sensibilität an: „Schule soll aufklären, nicht parteiisch sein.“

Nach Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist die Bereitschaft der Schulen, sich mit brisanten politischen Themen zu beschäftigen, in den vergangenen Jahren größer geworden. „In der Folge des Terrors in den 1970er-Jahren ging es vielen Schulen darum, politisch möglichst neutral und distanziert zu sein“, sagte GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer dieser Zeitung. Das „Überwältigungsverbot“ prägte die Schulen: Kinder sollten nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt werden. Heute, so Schäfer, sei es üblicher, das Weltgeschehen mit in den Unterricht einzubeziehen. „Die Kinder sollen zu mündigen Bürgern erzogen werden.“ Und dazu gehöre die Beschäftigung mit den Nachrichten, die gerade die ganze Welt bewegen.