Berlin. .

Der berühmte Satz fiel beiläufig, manche dachten an einen Versprecher. Am 9. November 1989 sorgte der damalige SED-Spitzenfunktionär Günter Schabowski für die Öffnung der Grenze. „Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort ... unverzüglich“, stotterte er auf einer Pressekonferenz in Ost-Berlin. Vorher war die Frage gestellt worden, ab wann die soeben vorgestellte neue DDR-Reiseverordnung gelte, nach der künftig Reisen in den Westen erlaubt sein sollen.

Der Strom an den Grenzübergängen zum Westen war danach nicht mehr aufzuhalten. „Niemand konnte sich die Konsequenz der Maueröffnung vorstellen“, sagte Schabowski später zu der Weltsensation, die er auslöste.

Nun ist Schabowski in einem Berliner Pflegeheim im Alter von 86 Jahren gestorben, wie seine Witwe Irina Schabowski am Sonntag mitteilte. Schabowski war seit Langem schwer krank, wurde betreut und trat nicht mehr öffentlich auf.

Das frühere SED-Politbüromitglied bekannte nach der friedlichen Revolution immer wieder, er trauere der DDR nicht nach. Doch viele nahmen ihm seine persönliche Wandlung nicht ab. Bei der großen Demonstration auf dem Alexanderplatz am 4. November 1989 wurde er ausgepfiffen. Für die SED-Nachfolgepartei PDS, die ihn im Januar 1990 ausschloss, fand Schabowski nur harte Worte. Er bekenne sich zu Mitverantwortung und moralischer Schuld. „Die DDR ist an sich selbst zugrunde gegangen, weil sie ein untaugliches System darstellte.“ Als ihm neben dem letzten DDR-Staats- und Parteichef Egon Krenz vor dem Berliner Landgericht der Prozess gemacht wurde, räumte er ein, nichts könne rechtfertigen, dass auch nur ein einziger Flüchtling, „der uns den Rücken kehren wollte, dafür mit dem Leben bezahlen musste“.

Das Berliner Landgericht verurteilte Schabowski 1997 wegen Totschlags zu drei Jahren Haft. Die Richter urteilten, dass auch Schabowski zu den Verantwortlichen des menschenverachtenden Grenzregimes zwischen Ost und West gehörte. Er wurde im September 2000 begnadigt und nach weniger als einem Jahr aus dem offenen Vollzug aus dem Berliner Gefängnis Hakenfelde entlassen. dpa