Berlin.

Nach dem Terroranschlag in Ankara hat die türkische Regierung die EU um eine Verschiebung der Gespräche über die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise gebeten. Die EU erhofft sich von der Kooperation eine Begrenzung des Flüchtlingsandrangs. Über die Türkei reisten zuletzt Zehntausende Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak in Richtung EU. Nach Angaben von Diplomaten will Präsident Recep Tayyip Erdogan dafür erreichen, dass die Bürger seines Landes künftig ohne Visa in EU-Länder einreisen dürfen. Zudem fordert er eine Wiederbelebung der EU-Beitrittsverhandlungen, die Einstufung seines Landes als „sicherer Herkunftsstaat“ und einen Einsatz der EU für militärisch gesicherte „Schutzzonen“ in Nordsyrien.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) machte ein Klima des Hasses unter Erdogan für den Anschlag in Ankara mitverantwortlich. „Es kennzeichnet den ganzen Zynismus der europäischen Flüchtlingsabwehrpolitik, wenn diese Türkei zum sicheren Herkunftsland definiert werden soll.“ Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen hob dagegen hervor, dass die Türkei „trotz der Eskalation der Gewalt ein Schlüsselland für Europa im Verhältnis zu den Staaten im Nahen Osten und der Lösung der Flüchtlingskrise“ bleibe. „Doch der Dialog wird mit der Zunahme der Gewalt schwieriger“, sagte er der WAZ.

Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, hält eine Zusammenarbeit trotz der Gewalt in dem Land für unverzichtbar. „Wir werden den Konflikt in Syrien und die Flüchtlingskrise nicht ohne oder gegen die Türkei lösen.“ Das Land beherberge derzeit zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien. „Das ist eine enorme Leistung.“ Es sei auch richtig, Verhandlungen zu einem EU-Beitritt weiterzuführen und gleichzeitig bei den Krisen zu kooperieren. SPD-Vize-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht derzeit dagegen „keine ernsthafte Diskussion über eine EU-Beitrittsperspektive für die Türkei“. Auch weil die türkische Regierung daran kein Interesse habe.