Essen. .
Lange hat es die Essener Stadtverwaltung geschafft, den Alltag der Bürger durch die Unterbringungspflicht für Flüchtlinge allenfalls indirekt zu beeinträchtigen. Damit ist es nun vorbei. Seit Freitag Nachmittag sind zwei Sporthallen in Bredeney und Kupferdreh gesperrt und werden für Flüchtlinge hergerichtet, nächste Woche wird voraussichtlich eine dritte große Dreifach-Turnhalle belegt, und zwar im Stadtteil Überruhr. Möglich sei, dass weitere Hallen folgen.
Grund ist nach Angaben der Stadt die außerplanmäßige Ankunft von Flüchtlingen, die die Bezirksregierung Düsseldorf im Land verteilt. Essen muss 300 von ihnen unterbringen – „zusätzlich zu den im Schnitt 35 Flüchtlingen, die pro Tag in Essen ankommen“, betont Sozialdezernent Peter Renzel. In den Hallen sei „bis mindestens Ende Januar“ kein Schul- und Vereinssport möglich.
Geschlossen werden in den Essener Stadtteilen ab Montag auch sechs Bürgerämter, die wohnortnah die Regelung von Meldeangelegenheiten aller Art ermöglichen. Die Stadt braucht das dort tätige Personal aber für die Registrierung von Flüchtlingen, mit der man stark im Rückstand sei. Weil dazu mit anderen Städten und Behörden kommuniziert werden muss, handele es sich um eine komplexe Materie, die verwaltungstechnisches Fachwissen erfordere. Die Bürgerämter bleiben bis Ende des Jahres geschlossen. Den Bürgern steht das zentrale Bürgeramt in der Innenstadt zur Verfügung.
Sozialdezernent Renzel bemängelte die ungerechte Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland, aber auch innerhalb von NRW. „Die großen Städte, gerade im Ruhrgebiet, sind überbelastet, andere können mehr tun!“, forderte Renzel. Der Verteilungsschlüssel gehöre ausgesetzt. Er vermisse eine große, gemeinsame nationale Kraftanstrengung, die beispielsweise auch die vorübergehende Lockerung bürokratischer Normen umfassen müsse. „Wenn wir als Stadt einen Investor beauftragen, eine Flüchtlingsunterkunft auf einer leeren Fläche zu bauen, dann müssen wir das Projekt europaweit ausschreiben.“ Dies führe zu Zeitverlusten von bis zu einem halben Jahr.
Die Abschiebepraxis in sichere Drittstaaten müsse in NRW „generalstabsmäßig“ ausgebaut werden, damit die Städte Platz für Kriegsopfer hätten. „Man muss natürlich auch abschieben wollen – siehe die Grünen“, so Renzel unter Anspielung auf Widerstände in der Regierung.