Essen. . Am Sonntag sind Bürgermeister-Stichwahlen in 49 Städten, Gemeinden und Kreisen. Experten erklären, was einen guten Rathauschef ausmacht.
Die Bürgermeister-Wahlen in Nordrhein-Westfalen gehen am Sonntag in die zweite Runde. In 49 Städten, Gemeinden und Kreisen stehen Stichwahlen an, so in Essen, Bochum , Witten und Wuppertal. Stellt sich die Frage: Woran erkennt man eigentlich einen guten Bürgermeister/eine gute Bürgermeisterin? Sicher nicht an einer glänzenden Kette und am großen Dienstwagen. Die WAZ hat die Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-Essen) und Claus Leggewie (Kulturwissenschaftliches Institut Essen) gefragt, was ein Rathauschef können muss.
Schwierige Rahmenbedingungen:
„Parteien, Gewerkschaften, Verbände waren mal ein hervorragendes Rekrutierungs-Reservoir für Bürgermeister. Sie haben mögliche Kandidaten erkannt, Stimmungen eingeschätzt, Richtungen vorgegeben“, sagt Karl-Rudolf Korte. Doch der Einfluss dieser Organisationen sei aufgrund von Mitgliederverlusten immer kleiner geworden. Folge: „Es ist schwerer, gute Bürgermeister-Kandidaten zu finden, und die Bürgermeister sind isolierter als früher“, urteilt Korte. Außerdem muss ein Bürgermeister heute mit teils extrem „bunt“ gemischten Räten zurechtkommen. Und mit Bürgern, die mal so und mal so oder aber gar nicht mehr wählen.
Gesucht: Manager
Früher war ein Bürgermeister ein parteipolitischer Kümmerer. Heute muss er ein Manager-Typ sein, darf aber nicht kalt wirken. Ein Manager mit Mitgefühl sozusagen. Korte: „Stellen wir uns den guten Bürgermeister vor wie einen idealen Nachbarn: Einer, der sich für dich interessiert, der weiß, ob es dir gut oder schlecht geht, der aber die Nachbarschaft nicht kontrolliert.“
Gesucht: Visionäre
„Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen“, spottete Helmut Schmidt. Aber erstens können sich auch Altbundeskanzler irren, und zweitens mögen Bürger offenbar Bürgermeister, die ihnen eine besser Zukunft versprechen. „Wichtig ist eine mit der Bürgerschaft abgestimmte Vision für die Stadt-Entwicklung“, sagt Claus Leggewie.
Gesucht: Freundliche Typen:
„Eine sympathische Vertretung der Stadt nach innen und außen“ muss der Bürgermeister sein, fordert Claus Leggewie. Langweiler, Selbstdarsteller, Patriarchen, Choleriker sind out.
Schlechte Beispiele aus der Vergangenheit:
Dirk Elbers (Ex-Oberbürgermeister Düsseldorf): „Der hatte ein gutes politisches Erbe angetreten, eine schuldenfreie Stadt, Wohlstand pur. Aber man hatte den Eindruck, dass er abgehoben war, dass er über die Köpfe von Bürgern hinweg Politik machte“, sagt Korte. Die Quittung dafür: Abwahl.
Bei Adolf Sauerland (Ex-Oberbürgermeister Duisburg) sei die Lage etwas anders gewesen. Korte: „Der war eigentlich ein offener, bürgernaher Typ, er wurde ja auch wiedergewählt. Aber nach der Loveparade-Katastrophe war Sauerland ein schlechter Krisen-Manager.“