Düsseldorf. . Grünen-Fraktionschef Mostofizadeh erklärt den den Zustand der rot-grünen Koalition. Bei der OB-Wahl in Essen will er für CDU-Mann Kufen stimmen.

Mehrdad Mostofizadeh (46) grüßt mit bandagierter Hand, ein Sportunfall beim Kicken mit dem „FC Landtag“. Als Symbol für eine angeschlagene Koalition will der Grünen-Fraktionschef die Verletzung jedoch nicht interpretiert wissen. Der Politiker sprach mit Tobias Blasius über rot-grüne Reibereien, den ersten „NRW-Stahlgipfel“ an diesem Montag und die persönliche Präferenz für einen CDU-Mann bei der Oberbürgermeister--Stichwahl in Essen.

Herr Mostofizadeh, Wirtschaftsminister Garrelt Duin will sich heute beim ersten „NRW-Stahlgipfel“ an die Seite der Stahlindustrie im Kampf gegen Klimavorgaben aus Brüssel stellen. Das kann den Grünen nicht gefallen?

Mehrdad Mostofizadeh: Ich habe keinen Anlass zur Befürchtung, dass die Landesregierung die für 2019 beschlossene Verknappung der EU-Emissionsrechte für den Kohlendioxid-Ausstoß in Frage stellen würde. Der Wirtschaftsminister diskutiert vielmehr mit der Stahlbranche über die Ausgestaltung des für sie wichtigen Handels mit Verschmutzungsrechten und die Frage, welche Messlatte an die Innovationskraft von Unternehmen angelegt werden kann. Und da sage ich klar: Auch wir Grüne haben kein Interesse daran, dass es zu Arbeitsplatzabbau und Standortverlagerungen in Länder kommt, in denen die Umweltstandards schlechter sind als bei uns.

Das klingt sehr moderat.

Mostofizadeh: Wir Grüne sind sicher nicht angetreten, um im Kuschelkurs mit der Stahlindustrie Klimapolitik zu betreiben. Aber einem sinnvollen Dialog über die richtigen Instrumente verschließen wir uns nicht. Mehr plant nach meinen Informationen auch Wirtschaftsminister Duin nicht.

Dennoch sind die Grünen zuletzt bei der Debatte über die Braunkohle-Politik oder das Industriegebiet „Newpark“ im Kreis Recklinghausen heftig mit Duin aneinander geraten. Ist die Zeit der rot-grünen Harmonie in Nordrhein-Westfalen vorbei?

Mostofizadeh: Je näher eine Koalition auf eine Landtagswahl zugeht, desto anstrengender wird die Zusammenarbeit, da die Profilierung beginnt. Diese Erwartung habe ich schon bei Übernahme des Fraktionsvorsitzes im Frühjahr geäußert und das halte ich auch für normal. Dennoch arbeiten SPD und Grüne stabil zusammen. Dass sich die CDU-Opposition inzwischen bei jeder Gelegenheit bereits als Ersatz-Koalitionspartner an Hannelore Kraft heran robbt, spricht eher gegen die CDU als gegen Rot-Grün.

Dass ein SPD-Abgeordneter im Landtag dem grünen Umweltminister eine „Blutgrätsche“ gegen industriepolitische Interessen vorwirft, deutet durchaus auf tiefere Verstimmungen.

Mostofizadeh: Ich habe mich über den Wortbeitrag des Kollegen geärgert und das gegenüber der Fraktionsführung des Koalitionspartners deutlich gemacht. Damit hat es sich aber auch.

Beim Streit um das ökologische Jagdgesetz waren Teile der SPD ebenfalls schlecht auf die Grünen zu sprechen. Alles nur ein Missverständnis?

Mostofizadeh: Die teils hysterische Diskussion über das ökologische Jagdgesetz zeigt für mich, wie Entscheidungen, die nur einen bestimmten Teil der Bevölkerung betreffen, zu großen symbolischen Debatten aufgeblasen werden. Das ist nicht Stil der Grünen. Wir stehen für eine an der Sache orientierte Politik.

Bei den Oberbürgermeister-Stichwahlen am kommenden Sonntag in Essen sympathisieren die lokalen Grünen mit CDU-Kandidat Thomas Kufen. Sie auch?

Mostofizadeh: Ich habe intern deutlich gemacht, warum ich gegen die Wiederwahl des amtierenden SPD-Oberbürgermeisters bin. Da es zu meinen demokratischen Grundsätzen gehört, an jeder Wahl teilzunehmen, bekommt Thomas Kufen meine Stimme – obwohl er in der CDU ist.